Das Wagnis ist geglückt

Liederabende von Konstantin Krimmel bei der Schubertiade in Schwarzenberg.
Schwarzenberg Die drei großen Schubertlied-Zyklen sind seit jeher das mit Spannung erwartete Ereignis bei der Schubertiade. Die meisten Schubertianer sind bestens mit ihnen vertraut, sodass ihnen durch langjährige Übung auch nicht das kleinste Detail entgeht. Da ist es schon ein Wagnis, ausgerechnet diese Edelsteine einem jungen Sänger, Konstantin Krimmel, anzuvertrauen. Allein – seine Konzerte avancierten zu absoluten Höhepunkten dieser Periode. Auch wenn er sich schon anderer Stelle seine Meriten bei der Schubertiade verdient hat und überhaupt auf dem ganz steilen Weg nach oben ist, waren diese Abende etwas Besonderes.

Da faszinierte erst einmal Konstantin Krimmels kerniger, weit ausladender Bariton, das wunderschöne Timbre und eine außergewöhnliche Flexibilität, die klangfarblich und dynamisch einfach alles möglich macht und leicht erscheinen lässt. Ob er nun den riesigen, emotionalen Bogen hin zur höchsten Euphorie in „Ungeduld“ in der „Schönen Müllerin“ spannt oder es die bizarre Traumwelt im „Frühlingstraum“ in der „Winterreise“ ist, die fühlbare, unbarmherzige Getriebenheit im „Wirtshaus“ – alles, alles war in eine so glaubhafte, dichte Atmosphäre eingebettet, dass man als Hörer oft den Atem anhielt.
Krimmel ist bereits jetzt ein Meister darin, Emotionen auf ganz individuelle Weise glaubhaft herüberzubringen und die Hörer mitzunehmen. Dass er sich in der „schönen Müllerin“ etlicher Schnörkel und Verzierungen bediente (was historisch verbürgt ist), war dabei sicher auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Mit Ammiel Bushakevitz hat Konstantin Krimmel den idealen Klavierpartner gefunden, einen, der natürlich technisch versiert ist, aber auch jede Intention mitträgt und zurückgibt. Da passte in jeder Hinsicht kein Blatt dazwischen.

Und so ging denn der Müllerbursche seinen Weg, zuerst von der Liebe Zuversicht getragen, dann in Gram und Schmerz versinkend, wo ihm auch der Bach nicht helfen konnte und der Suizid der einzige Schlusspunkt bleibt. Den Stimmungsübergängen wurde von beiden akribisch nachgespürt.
Nach der „Schönen Müllerin“ eine Zugabe zu singen, verbietet sich in der Regel von selbst. Dass Konstantin Krimmel davon abwich und mit dem Ziel, die andere, unbekannte Seite des Müllers zu zeigen, beziehungsreich Carl Loewes „Süßes Begräbnis“ zugab, sprach in diesem Fall nur für ihn.
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Bevor der „Schwanengesang“ die Reihe beschloss, widmete sich Konstantin Krimmel noch der „Winterreise“, ernsthaft, sehr nachdenklich und irgendwie auch zurückhaltend (vielleicht war es auch eigene Demut vor dem Zyklus). Krimmel bot von Anfang an ein Bild tiefster, menschlicher Vereinsamung, zu Herzen gehend, nur manchmal sich aufbäumend („Auf dem Flusse“) oder in Sarkasmus gefangen („Die Post“ oder „Mut“). So etwas wie die dunklen Farben der „Rast“ ließen einen frösteln, verstörend die „Nebensonnen“. Da erschien der finale „Leiermann“ wie eine Erlösung. Auch hier bewies Konstantin Krimmel, was für ein grandioser Erzähler er ist, wie sensibel er mit der Kunst des Charakterisierens umgeht. Mareile Hanns