Das geschriebene Bild

Im Kloster der Redemptoristinnen in Lauterach werden Ikonenmalkurse angeboten.
Lauterach In den Ritzen der Jalousien fangen sich Sonnenstrahlen und zeichnen goldene Streifen in den holzgetäfelten Raum. An kleinen Tischen sitzen Frauen, ganz konzentriert auf Bildvorlagen, die einmal Ikonen werden sollen. Sie sind extra aus der Slowakei angereist, um im Kloster der Redemptoristinnen in Lauterach an einem Ikonenmalkurs teilzunehmen. Mit genauem und geschultem Blick schaut Mihai Cucu (47) jeder über die Schulter, hilft weiter, erklärt und erzählt. „Hinter jeder Ikone steht eine Geschichte“, sagt der Rumäne. Die zu kennen sei wichtig, um eine Beziehung zum Bild, zum Glauben aufzubauen.

Bedeutungsvolle Farben
Seit 20 Jahren arbeitet Mihai Cucu in diesem Metier. Das Restaurieren von Ikonen verschaffte ihm Bekanntheit. Er lernte europaweit interessierte Menschen kennen und gibt seitdem Kurse und Workshops. 2018 traf er in Dublin auf Alena Diabolkova und Maria Sidorova vom St. Josefskloster in Lauterach. Gemeinsam arbeiteten sie drei Monate lang intensiv an einer Ikone aus Anlass des Besuchs von Papst Franziskus auf der grünen Insel. „Wir waren Tag und Nacht dran“, erinnert sich Alena. Dabei wurde gleichzeitig eine Freundschaft begründet, die Cucu nun regelmäßig zu Ikonenmalkursen auch nach Vorarlberg führt.

Die Inbrunst, mit der Mihai Cucu dieser Tätigkeit nachgeht, spricht aus jedem seiner Worte. „Es ist eine Reise vom Dunkel ins Licht“, beschreibt er den Fertigungsprozess als eine Art von besonderer Meditation. „Du bist dabei nie allein“, verdeutlicht Mihai mit der Hand auf dem Herzen die tiefe Verbundenheit, denn die farbenprächtigen Darstellungen von Heiligen, biblischen Szenen oder Christus werden gerne auch als „Fenster zum Himmel“ bezeichnet. Es sind vorrangig die Farben, die eine Ikone prägen. „Jede Farbe hat eine Bedeutung, steht für ein Eintauchen in die Tiefe des geistlichen Lebens“, sagt Sr. Alena. Rot etwa steht für das Menschliche und wird oft für Kleidung bei Jesus verwendet, um seine Menschlichkeit zu betonen.Am Anfang ist da allerdings nur eine weiße Holztafel, aber: „Sie lädt dazu ein, mit Gott etwas Neues zu schaffen.“ Ikonen werden jedoch nicht gemalt, sondern Pinselstrich für Pinselstrich und Schicht für Schicht in einer speziellen Technik geschrieben. Den Abschluss bildet eine Lackierung, die erst viele Monate später erfolgen kann, dann nämlich, wenn Farben und Holz sich zu einer Einheit verbunden haben.

Vom Reiz des Entstehens
Es sind vor allem ausländische Interessenten, die solche Kurse belegen. In Vorarlberg scheint das Angebot noch unbekannt. „Vielleicht spielen die Kosten von 400 Euro eine Rolle“, überlegt Sr. Alena. Marianne Gumprecht und Anke Heim ließen sich davon nicht abschrecken. Das Geschehen dieser Woche berührt sie noch immer bis tief ins Mark. Marianne hat eine Gottesmutter geschrieben. „Zu Beginn war sich angespannt, weil es kompliziert aussah“, erzählt sie. Doch die Nervosität legte sich: „Man bekommt alles gut erklärt, wird mit jedem Schritt ruhiger, und dann ist es wie meditieren.“ Anke Heim beginnt demnächst mit der Arbeit an ihrer fünften Ikone. „Der Reiz liegt im Entstehen“, hat sie für sich festgestellt. Einigkeit herrscht bei den Frauen, was die Wirkung einer Ikone betrifft: „Sie strahlt einfach.“ Nachsatz: „Man muss es selbst erlebt haben, um diese Empfindungen zu spüren.“
Der nächste Kurs findet im Februar 2026 statt. Anmeldungen sind im Kloster möglich: E-Mail: ossr-lauterach@gmx.at, Tel. 05574/71228


