Ein Wink mit dem Zaunpfahl

ÖGK erinnert Ärzte an das Ökonomiegebot bei Physiotherapie-Verschreibungen.
Feldkirch Es scheint, zumindest noch, lediglich ein Wink mit dem Zaunpfahl. In einem Schreiben hat die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) die niedergelassenen Ärzte an das Ökonomiegebot bei der Verschreibung von Physiotherapieeinheiten erinnert. Hintergrund sind starke Steigerungen von Zuweisungen zu physiotherapeutischen Behandlungen speziell im Wahlbereich. Laut ÖGK ist die Anzahl der Therapiestunden 2024 im Vergleich zu 2019 um fast 59 Prozent gestiegen. Ebenso wurde ein „signifikanter Anstieg“ der Behandlungsdauer verzeichnet. Wies 2019 noch etwa die Hälfte der honorierten Physiotherapien eine Behandlungsdauer von 30 Minuten auf, sank dieser Anteil 2023 auf unter ein Drittel. Das geht auch ins Geld. Allein in Vorarlberg legte die ÖGK im vergangenen Jahr 25,4 Millionen Euro für Physiotherapien aus. Der Aufwand für den Kostenersatz an Patienten im Wahlbereich lag bei 18,4 Millionen Euro.
Im Ermessen des Arztes
Markus Österle, Landessprecher von Physio Austria, bezeichnet den Brief der ÖGK als „etwas ungünstig formuliert“, das Anliegen sei aber nicht grundsätzlich falsch. Die Anzahl der Physiotherapien bzw. deren Behandlungsdauer liegen jeweils im Ermessen des Arztes. Er kann sechs oder zehn Einheiten zu 30 oder 45 Minuten verordnen. „Es ist aber immer noch so, dass für das gleiche Problem unterschiedlich viele Einheiten verschrieben werden“, sagt Österle. Hier zu sensibilisieren, sich am Maß des Notwendigen zu orientieren, sieht er deshalb als zulässig an: „Es geht schließlich um viel Geld.“ Er hält der ÖGK außerdem zugute, dass bei der Physiotherapie bislang keine Kürzungen erfolgten.
Wahlphysiotherapeuten beklagen dennoch teilweise Rückgänge. Markus Österle bestätigt, dass es „etwas weniger geworden ist“, dafür gebe es aber verschiedene Gründe. Er nennt zum einen eine deutliche Zunahme an Wahlphysiotherapeuten, zum anderen würden die Kosten eine Rolle spielen. Nicht jeder könne sich noch eine Behandlung beim Wahlphysiotherapeuten leisten. Solche, die es tun, erhalten 80 Prozent des Tarifs rückerstattet, den die ÖGK den Vertragsphysiotherapeuten für die gleiche Behandlung bezahlt. In Vorarlberg sind etwa 853 Physiotherapeuten registriert, 316 davon Mitglieder bei Physio Austria.
Ausgaben unter Beobachtung
Auch Ärztekammerpräsident Burkhard Walla hält es für legitim, die Kollegenschaft darauf hinzuweisen, Physiotherapieeinheiten überlegt zu verschreiben. „Es handelt sich ja um kein Verbot, sondern um eine Anregung.“ Er betont, dass der Brief nicht von der Ärztekammer ausging, sondern die Berufsvertretung über Ersuchen der ÖGK nur den Verteiler machte. Als Ersuchen ist auch das Schreiben der Gesundheitskasse formuliert. „Alle Patienten sollen die Behandlungen erhalten, die sie benötigen. Dazu ist es entscheidend, Therapieformen wie die Physiotherapie entsprechend den Richtlinien der ökonomischen Krankenbehandlung – zielgerichtet und das Maß des Notwendigen nicht überschreitend – zu verordnen“, heißt es.
Im Bereich der Physiotherapie sei, wie auch mit dem Berufsverband der Physiotherapeuten Österreichs abgestimmt, in den meisten Fällen eine 30-minütige Behandlung ausreichend und ausschließlich in komplexeren Fällen eine längere Therapiedauer erforderlich. Die Punkte, die es dafür zu beachten gilt, sind genau aufgelistet. Ganz generell soll die Behandlung ausreichend und zweckmäßig sein. Am Ende dann noch der unmissverständliche Wink: „Wir ersuchen dringend um Ihre Mithilfe und um Beachtung der Voraussetzungen bei der Zuweisung zu den Therapien. Wir werden die Ausgabenentwicklung im Bereich der Physiotherapie weiterhin genau beobachten.“