Janáčeks Mondfahrt

Die nächste Hausoper der Bregenzer Festspiele „Die Ausflüge des Herrn Brouček“ in Innsbruck.
Innsbruck Leoš Janáčeks 1920 uraufgeführte Oper „Die Ausflüge des Herrn Brouček“ wird 2026 die Hausoper bei den Bregenzer Festspielen. Opernfreunde haben schon jetzt die Gelegenheit, das selten gespielte Werk in Innsbruck kennenzulernen, so auch am letzten Sonntag. Das Libretto versetzt den spießigen Prager Bürger und Hausbesitzer in zwei geträumten „Ausflügen“ einmal auf den Mond und dann in das Jahr 1420, mitten in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Hussiten und kaisertreuen Katholiken.
Zu Beginn jeden Aktes sieht man Matĕj Brouček unter einer Laterne in einer pittoresken Gasse der Prager Kleinseite, wo er seine Abende am liebsten in der Bierkneipe und beim Verzehr von Würsteln verbringt und sich über seine Mieter und die Zumutungen des Lebens ärgert, in einem stimmungsvollen, holzschnittartigen Bühnenbild von Stefan Rieckhoff, der auch die Kostüme verantwortet, mit Vollmond im schwarzen Himmel (Licht Florian Weisleitner) und Kostümen der 20er Jahre. Der Regisseur Tobias Ribitzki setzt die zwei sehr unterschiedlichen Traumwelten kontrastreich um. Bei Broučeks Ausflug auf den Mond, wo er in eine Kolonie von überkandidelten esoterischen Künstlern gerät, die alles Fleischliche, von der Liebe bis zu Broučeks Würsten, zutiefst verachten, gelingen sehr poetische Bilder. In der schwarz-weißen Szenerie setzen die anthroposophisch gedämpften Farben des Chores und ein Himmel aus einer auf dem Kopf stehenden Blumenwiese schöne Akzente. Effektvoll auch der weißgekleidete Männerchor mit farbigen Gummihandschuhen.

Nur auf Schwarz und Rot und ein riesiges weißes Kreuz konzentriert ist der zweite Akt in der bedrohlichen Atmosphäre der fanatischen Glaubenskämpfer, in der Brouček, der sich nicht als Kanonenfutter opfern will, fast an den Galgen gerät. Warum die Protagonisten hier an Sowjetsoldaten erinnern, leuchtet nicht unbedingt ein. Sehr gelungen sind auch die Videos von Paul Barritt, die die Szenenwechsel begleiten. So ansprechend die Inszenierung szenisch ist, so durchwachsen war der musikalische Eindruck: Janáček hat seine originelle Musiksprache in enger Anlehnung an die Sprachmelodie des gesprochenen Tschechisch entwickelt. Deshalb ist es mehr als problematisch, die Oper auf Deutsch zu singen, wie es in Innsbruck gemacht wurde. Auch das Sängerensemble punktete nicht durchwegs. Auf der positiven Seite ist der britische Tenor Paul Curievici als Brouček zu vermerken, der seine Rolle sängerisch und darstellerisch überzeugend meisterte und der das Zentrum des Geschehens auf der Bühne bildete. Auch Marcel Brunner brachte seinen Bariton als Sakristan und in weiteren Rollen gut zur Geltung, ebenso gelungen waren Erwin Belakowitsch als Würfl und Anastasia Lerman (Sopran) als Piccolo und Wunderkind. Der in Liebeshändel verwickelte Mazal wurde von dem Tenor Alexey Sayapin leider ständig mit Druck in der Stimme gesungen, auch die Malinka der Hazel Neighbour ließ ihren an sich schönen Sopran selten einfach strömen. Die kleinen Nebenrollen vor allem im Hussitenteil waren enttäuschend, nur Abongile Fumba lieferte mit der grotesken Übersteigerung ihres Gesangsparts ein kleines Kabinettstück ab. Beim Chor hörte man manchmal Einzelstimmen heraus. Janáčeks farbige, folkloristisch inspirierte Partitur mit vielen Mikromotiven wurde vom Symphonieorchester Tirol unter Matthew Toogood engagiert, im ersten Akt sehr differenziert, im zweiten eher plakativ umgesetzt. Gutwilliger, aber kurzer Applaus des nicht sehr zahlreichen Publikums.
Ulrike Längle