Der tolle Abend

VN / 14.11.2025 • 15:19 Uhr
v. l. n. r. Thomas Rösner, Richard Dünser, der Pianist
Erster Höhepunkt war die Orchesterfassung der „Ricordanze“ von Richard Dünser.Ulrike Längle

Dünser, Mozart und Beethoven bei Dornbirn Klassik.

Dornbirn „Der tolle Tag“, so lautet der Untertitel der Komödie von Beaumarchais, die die Vorlage für Mozarts „Figaros Hochzeit“ war. Die Ouvertüre zu dieser Oper bildete die rasant musizierte Zugabe eines tollen Konzertabends mit der Beethoven Philharmonie, bei dem am 13. November Werke von Richard Dünser, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven erklangen.

Eingangs wurde im vollbesetzten Kulturhaus ein Werk von Dünser (*1959) in Vorarlberg uraufgeführt: die Orchesterfassung der „Ricordanze“ (Erinnerungen), die ursprünglich für Klavierquartett komponiert wurden. Der sympathische Komponist, lange Professor in Graz und mittlerweile selbst ein Klassiker der zeitgenössischen Musik, erzählte in der Konzerteinführung, dass er sich hier von persönlichen Erinnerungen inspirieren habe lassen. Außerdem habe er „gestohlene Melodien“ verwendet, von sich selbst, von Janáček und von Berg, der sich wiederum bei Zemlinsky bedient habe, sodass hier ein Dreifachzitat vorliege. Mit dem Wiener Dirigenten Thomas Rösner verbinde ihn eine enge Beziehung: „Was Harnoncourt für Bach gemacht hat, ist Thomas Rösner für mich.“ Dünser hat das Klavier beibehalten, das auch in der neuen Fassung eine wichtige Rolle spielt. Das Orchester ist mit Streichern, Holz- und Blechbläsern und Pauken besetzt, mit deren verschiedenen Farben der Komponist eine Atmosphäre des Melancholisch-Geheimnisvollen schafft, aus der sich kontrastreiche Fragmente herausschälen. Rösner, der ohne Taktstock und mit präzisen, weitausholenden Gesten dirigierte, hatte das Werk sorgfältig einstudiert. Es entstand eine hochkonzentrierte Wiedergabe, die die meditative Schönheit dieser Musik plastisch zur Geltung brachte.

Mozarts Sinfonia Concertante, KV 364, sprudelt nur so von geistreichen Einfällen. Die beiden Soloinstrumente sind gleichberechtigt, meist beginnt die Geige, die Bratsche nimmt den Faden auf, dann spielen wieder beide gemeinsam. Die Beethoven Philharmonie, die auf Wiener Klassik spezialisiert ist und seit 30 Jahren in Baden bei Wien eine feste Konzertreihe hat, zeigte schon in der Einleitung ihre Qualitäten: einen federnd-eleganten Klang, der trotzdem energetisch aufgeladen ist und alle Stimmen gut durchhörbar präsentiert. Der Klassik-Star und Jazzer Benjamin Schmid bildete ein kongeniales Duo mit seinem ehemaligen Schüler, dem jungen chinesischen Geiger und Bratscher Ziyu He. Sie spielten sich elegant die Bälle zu, atmeten gemeinsam und schwelgten dann wieder in melodiösen Parallelstellen. Nur schade, dass Hes Instrument nicht die Leuchtkraft von Schmids Stradivari hatte und etwas matt klang. Sehr schön gelang der melancholische zweite Satz: Man hatte den Eindruck, die Instrumente würden einem etwas erzählen. Nach dem rasanten Presto war die Begeisterung im Publikum groß, gesteigert wurde sie noch durch die Zugabe, die hochvirtuose Passacaglia von Halvorsen.

Beethovens Vierte Symphonie, die von Schumann als „eine griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen“ (der Dritten und der Fünften) bezeichnet wurde, erklang nach der Pause in einer energiegeladenen Version, die eher an eine rotbackige robuste Bäuerin erinnerte. Nach dem filigranen Mozart meinte man hier den jungen Wilden vom Rhein zu hören, mit kräftigem dynamischem Puls und schroffen Akzenten und den Marschtritten der Napoleonischen Armee im Hintergrund, die damals ganz Europa mit Kriegen überzog. Das überzeugte, nur im zweiten Satz blieben die lyrischen Passagen etwas auf der Strecke. Kräftiger Applaus des erfreuten Publikums.     

Ulrike Längle