Leserbrief: Autokratische Züge

Leserbriefe / 22.12.2025 • 13:30 Uhr
Leserbrief: Autokratische Züge

Die Gedanken, die Dr. Walter Loacker in seinem am 22.12.2025 veröffentlichten Leserbrief angesprochen hat, möchte ich aufgreifen und anhand eines der dort genannten Themenfelder konkretisieren. Am selben Tag berichten die VN über fünf Bauernhöfe, die wegen Rinder-TBC gesperrt wurden. Auch an diesem Beispiel lässt sich ein wiederkehrendes politisches Handlungsmuster erkennen, das in unterschiedlichen Ressortbereichen Anwendung findet. Dieses Muster folgt einer klaren Logik: Ein komplexes Problem wird auf einen vermeintlich eindeutigen Verursacher reduziert – etwa Rotwild, den Wolf oder andere als “problematisch” markierte Tierarten. Damit einher geht eine emotionale Aufladung durch Begriffe wie Seuche, Gefahr oder Bedrohung. Die darauf aufbauenden Maßnahmen wie Keulung, “Entnahme” oder präventiver Abschuss werden als alternativlos dargestellt, während kritische fachliche Einwände als realitätsfern oder ideologisch diskreditiert werden. Politische Akteure inszenieren sich in diesem Rahmen öffentlich gern als entschlossene Problemlöser. Tatsächlich geht es dabei jedoch weniger um strukturelle Reformfähigkeit als um mediale Wirksamkeit und politische Mobilisierung. Die routinemäßige Tötung von Tieren dient hierbei als sichtbares Signal von Handlungsfähigkeit, blendet aber aus, dass diese Maßnahmen kurzfristig, nicht ursachenorientiert und ethisch hoch problematisch sind. Zudem wird ignoriert, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung diese Form demonstrativer Machtausübung weder fachlich noch moralisch mitträgt.

Ulrike Schmid, PhD, Götzis