Trendumkehr beim Flächenverbrauch im Land

Experten beobachten bewussteren Umgang mit Grund und Boden. Gut ein Drittel der gewidmeten Bauflächen unbebaut.
BREGENZ Die Zahlen sind erst wenige Tage alt und deuten auf eine Trendwende beim Flächenverbrauch im Land hin. Von der Landesraumplanung aufwendig erhobene Daten zu Bauflächenreserven weisen zwischen 2018 und 2020 nur mehr einen leichten Rückgang von 31,1 Prozent auf 30,7 Prozent auf. Mit anderen Worten: In Vorarlberg sind unverändert über ein Drittel der als Bauflächen und Bauerwartungsflächen gewidmeten Grundstücke ungenutzt. Demnach wurden innerhalb von 24 Monaten nur rund 76 Hektar verbaut, was deutlich unter dem langjährigen Schnitt liegt, wie VN-Recherchen zeigen. Die Aufzeichnungen seit dem Jahr 2001 dokumentieren einen durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 80 Hektar.
“Bewussterer Umgang mit Grund und Boden)
“Wir sehen aus den Daten, dass mit Grund und Boden viel bewusster umgegangen wird”, sagt Edgar Hagspiel, der die Erhebung in der Landesraumplanung verantwortet. Er beschreibt eine zuletzt effizientere Nutzung und eine Verdichtung nach innen. Gleichzeitig sind seit 2018, unter anderem durch Neuwidmungen, auch großzügig Flächen dazugekommen. 42 Hektar sind es laut jüngsten Zahlen. “Theoretisch müsste nichts neu gewidmet werden, weil ja ausreichend Flächen vorhanden sind”, sagt Hagspiel. Nur kommt eben sehr wenig auf den Markt.
Neue Varianten
Die Knappheit von verfügbarem Baugrund treibt die Grundstückspreise seit Jahren massiv in die Höhe. “Wenn jemand nicht muss, verkauft er kein Baugrundstück”, so Lorenz Schmidt, Leiter der Abteilung Raumplanung im Land. Das heute jemand ein Grundstück kaufe und darauf ein Einfamilienhaus errichte, komme nur mehr sehr selten vor. “Was wir merken ist, dass andere Varianten gesucht werden. Ein Um- und Anbau bei den Eltern oder Großeltern zum Beispiel.” An vielen Stellen würde über Bestandsobjekte verdichtet. Für den Raumplaner eine grundsätzlich erfreuliche Entwicklung.
Entwicklung Bauflächenreserven Vorarlberg (Bauflächen und Bauerwartungsflächen)
2020 12.002 ha (gewidmet) 8314,8 ha (genutzt) 3687,3 ha oder 30,7 Prozent (ungenutzt)
2018 11.960,1 ha (gewidmet) 8238,9 ha (genutzt) 3721,3 ha oder 31,1 Prozent (ungenutzt)
2001 11.567,2 ha (gewidmet) 6766,0 ha (genutzt) 4801,2 ha oder 41,5 Prozent (ungenutzt)
Rechnerisch wäre also ausreichend Bauland gewidmet. Mit Einschränkungen trifft das auch auf Betriebgebiete zu, wo die Reserven seit 2001 allerdings deutlich stärker zurückgegangen sind. Gab es zu Beginn der Datenerhebung noch 522 Hektar gewidmete Betriebsgebiete, waren es Ende 2020 nur noch 337 Hektar. Die Reserven haben sich demnach von 39 Prozent auf 23 Prozent reduziert.
Bauflächenreserven nach Bezirken (Bauflächen und Bauerwartungsflächen)
Bezirk Bludenz 2241,6 ha (gewidmet) 1537,8 ha (genutzt) 703,8 ha oder 31,4 Prozent (ungenutzt)
Bezirk Bregenz 3735,3 ha (gewidmet) 2615,1 ha (genutzt) 1120,2 ha oder 30 Prozent (ungenutzt)
Bezirk Dornbirn 2344,5 ha (gewidmet) 1703,1 ha (genutzt) 641,4 ha oder 27,4 Prozent (ungenutzt)
Bezirk Feldkirch 3680,8 ha (gewidmet) 2458,9 ha (genutzt) 1221,9 ha oder 33,2 Prozent (ungenutzt)
Augenscheinlich sind große regionale Unterschiede. In 17 Gemeinden des Landes liegen 75 Prozent der ungenutzten Betriebsgebietsflächen. Ein Blick auf Bregenz zeigt, dass es für bestehende Betriebe kaum Entwicklungsmöglichkeiten gibt, an Neuansiedlungen ist kaum zu denken. So sind in der Landeshauptstadt von den gewidmeten Betriebsgebieten nur 1,4 Hektar (5,5 Prozent) ungenutzt. Im Vergleich dazu gibt es in Dornbirn 45 Hektar ungenutzte Flächen mit Betriebsgebietswidmungen (24,3 Prozent). Selbst in der kleinen Bregenzerwälder Gemeinde Andelsbuch sind es mit vier Hektar deutlich mehr als in Bregenz.
Bauflächenreserven nach Gemeinden mit höchstem Anteil ungenutzter Flächen (Bauflächen und Bauerwartungsflächen)
Dünserberg 5,2 ha (gewidmet) 2 ha (genutzt) 3,2 ha oder 62,1 Prozent (ungenutzt)
Möggers 28,0 ha (gewidmet) 11,6 ha (genutzt) 16,4 ha oder 58,7 Prozent (ungenutzt)
Bürserberg 49,7 ha (gewidmet) 22,2 ha (genutzt) 27,3 ha oder 54,9 Prozent (ungenutzt)
Stallehr 22,2 ha (gewidmet) 10,2 ha (genutzt) 12 ha oder 54 Prozent (ungenutzt)
Gaißau 84,1 ha (gewidmet) 44,9 ha (genutzt) 39,2 ha oder 46,6 Prozent (ungenutzt)
Im Gegensatz zu den Talschaften, wo es vereinzelt noch Spielraum gebe, gelte es in den Ballungszentren wie dem Rheintal die bestehenden gewidmeten Flächen besser und intensiver zu nutzen, beschreibt Lorenz Schmidt die Ausgangslage. In einzelnen Gemeinden würden etwa für Handwerksbetriebe auch mehrgeschossige Lösungen gesucht. “Warum sollen diese Betriebe nicht übereinandergeschichtet funktionieren können”, so Schmid. Man müsse Scheuklappen ablegen und zukünftig intelligente Lösungen finden, wie möglichst wenig Boden verbraucht werde.
Bauflächenreserven nach Gemeinden mit niedrigstem Anteil ungenutzter Flächen (Bauflächen und Bauerwartungsflächen)
Bregenz 356,1 ha (gewidmet) 296,4 ha (genutzt) 59,7 ha oder 16,8 Prozent (ungenutzt)
Bürs 106,8 ha (gewidmet) 82 ha (genutzt) 24,8 ha oder 23,2 Prozent (ungenutzt)
Lauterach 301,4 ha (gewidmet) 230,9 ha (genutzt) 70,5 ha oder 23,4 Prozent (ungenutzt)
Röthis 96,9 ha (gewidmet) 74,2 ha (genutzt) 22,7 ha oder 23,4 Prozent (ungenutzt)
Mittelberg 127,1 ha (gewidmet) 96,4 ha (genutzt) 30,7 ha oder 24,2 Prozent (ungenutzt)