Biber nagt an Amazon-Plänen in Dornbirn

VN / 18.03.2022 • 16:00 Uhr
Biber nagt an Amazon-Plänen in Dornbirn
APA/Techt, DPA/Heyder

Das größte Nagetier Europas könnte zur Herausforderung für den größten Onlinehändler werden.

Dornbirn Wirklich begeistert über die mögliche Ansiedlung eines Amazonlagers im Betriebsgebiet Dornbirn Nord sind die Wenigsten. Für die Grünen spricht der Wildwechsel zwischen dem Bregenzerwald und der Schweiz entlang der L200 gegen das Großprojekt, drohen doch ansonsten Isolierung und Inzucht im Wildbestand. Ein wortwörtlich näherliegendes Argument könnte jedoch ein weiteres Wildtier sein: der Biber.

Von der L200 aus schwer zu übersehen: geschlagene Bäume auf dem Betriebsgrundstück, charakteristisch für einen Biber. <span class="copyright">VN/RAUch</span>
Von der L200 aus schwer zu übersehen: geschlagene Bäume auf dem Betriebsgrundstück, charakteristisch für einen Biber. VN/RAUch

Gut erkennbar sind die Hinterlassenschaften des Vertreters der größten Nagetierart Europas von der L200 aus. Am nordöstlichen Rand des Betriebsgebietes fällte der Biber mehrere Bäume, viele Nagespuren sind sichtlich frisch. 150 Meter weiter östlich staut sich direkt neben der Landstraße in den Bregenzerwald der Entwässerunggraben auf, etwas weiter nach hinten erhebt sich in einem künstlichen Teich seine Biberburg aus dem Wasser.

Der Biber ist streng geschützt, nachdem er vor 100 Jahren in Gesamteuropa beinahe ausgerottet wurde. Es ist verboten, ihn zu jagen oder seine Wohnbauten zu beschädigen. Ob sein Schutzstatus eine Betriebsansiedlung in dem Bereich verhindern oder beeinträchtigen könnte, lässt sich laut Naturschutzanwältin Katharina Lins nicht pauschal sagen. Dies werde sich im Rahmen eines konkreten Bauprojekts des Onlinehändlers zeigen. Hier spielen außerdem viele Faktoren eine Rolle, insbesondere ob es sich um einen Biber auf Durchreise handelt oder wie sehr er durch die vorgesehene Bebauung eingeschränkt wird.

150 Meter weiter östlich staut sich das Wasser. Eine Biberburg benötigt Wassertiefen von über einen halben Meter, um den Eingang zu schützen. <span class="copyright">VN/RAUch</span>
150 Meter weiter östlich staut sich das Wasser. Eine Biberburg benötigt Wassertiefen von über einen halben Meter, um den Eingang zu schützen. VN/RAUch

Neu ist der Biber im Gebiet nicht, weiß die Biberbeauftragte des Landes, Agnes Steininger: “Er dürfte seit drei Jahren in dem Gebiet sein, vergangenen Sommer war er besonders fleißig”, erklärt sie mit Bezug auf das Betriebsgebiet. In den vorhergehenden Jahren hat er sich auf das Gebiet östlich der Industriezone konzentriert. Das Nagetier ist gekommen, um bei der L200 zu bleiben.

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Der hohe Schutzstatus des Bibers verhindert Bauprojekte nicht per se. Für Kraftwerksbauten wurden Biber bereits für den Zeitraum der Bautätigkeiten umgesiedelt. Ein Betriebsgebäude lässt sich aber nur bedingt mit einem Kraftwerk vergleichen. Und auch schon Feldhamsterbauten verhinderten Bauprojekte, betont Lins. In der Rechtssprechung ging dies schon so weit, dass es reichte, dass die Bauten nicht verlassen wirkten – auch wenn man die Feldhamster nicht direkt beobachten konnte. Sie erinnert außerdem, dass der Erhalt von Biotopen bereits beim Bau der damaligen B 200 bereits Thema war. Damals war noch kein Biber in dem Gebiet.

Steininger ist überzeugt, dass die Behörden den Biber bei den Auflagen für die Bebauung des Industriegebietes durchaus im Blick haben. “Er wird sicher berücksichtigt, wenn man die Vorgaben erstellt”, erklärt sie.

Biber

Der Eurasische Biber erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu einem Meter, sein Schweif wird bis zu 35 Zentimeter lang. Im Durchschnitt erreicht er ein Gewicht von um die 20 Kilogramm, doch auch schon 31 Kilogramm wurden festgestellt. Früher wurde der Pflanzenfresser vor allem aufgrund seines Fleisches und Felles gejagt. Die ersten Biber kehrten 2006 bei Gaißau nach Vorarlberg zurück, davor dürften sie seit 350 Jahre lang ausgerottet gewesen sein. Derzeit dürften an die 40 Biber in Vorarlberg leben.

Der Biber ist in Europa durch die FFH-Richtlinie (Anhänge II und IV) besonders geschützt. Diese Richtlinie ist auch die Basis der Natura-2000-Schutzgebiete. Jede absichtliche Störung, Verletzung und Tötung des Bibers wie auch dessen Ruhestätten ist untersagt. Bei der Sichtung wird er oft mit der Bisamratte verwechselt, diese hat jedoch keinen flachen Schweif wie der Biber.