Verwinkeltes Gangsystem bei der VS Mitte Bludenz entdeckt: „Wie in einem Labyrinth”

Was hat es mit dem Gang unterirdischen Gang auf sich hat, erklärt Archäologin Laura Holzer. Michael Haider aus Feldkirch hat als Kind ebenfalls einen solche Deckungsgang erkundet.
Bludenz Nachdem ein Deckungsgang bei Bauarbeiten an der Volksschule Mitte Bludenz zutage kam, wurde dieser von der Firma Context KG untersucht und vermessen. Archäologin Laura Holzer erklärt, was es mit diesem unterirdischen Gang auf sich hat. Anscheinend ist er nicht der einzige unterirdische Fluchtweg aus dem Zweiten Weltkrieg, denn Michael Haider aus Feldkirch hat als Kind ebenfalls einen solche Deckungsgang erkundet. Dessen Eingang lag nur ein paar Meter weiter vom jetzigen Fundort entfernt.
„Wir gingen mit Taschenlampen rein“, erinnert sich Michael Haider zurück. Der mittlerweile in Feldkirch wohnhafte 65-Jährige ging 1970 in die Hauptschule Bludenz. Als junger Bursche war er abenteuerlustig und entdeckungsfreudig. Da kam ihm der unterirdische Fluchtweg, der im Zuge einer Baustelle offengelegt wurde, gelegen. Er vermutet, dass noch viele weitere Kinder in den Gängen herumspaziert sind, schließlich gab es zur damaligen Zeit noch keine Baustellenabsicherung. Dabei handelt es sich aber nicht um denselben unterirdischen Fluchtweg, der im Zuge der Bauarbeiten bei der Volksschule Mitte freigelegt wurde. Der Gang, den Haider meint, liegt ein paar Meter weiter beim Sportplatz.

Michael Haider und sein Kumpel Erich Malojer erreichten aber damals nicht das Ende des Ganges, da dieser irgendwann verschüttet war. „100 bis 200 Meter ging es vielleicht hinein, dann war Schluss.“ Damals habe der Lehrer Wilfried Bickel den Burschen gesagt, dass das der Geheimgang ins Kloster St. Peter sei. Archäologin Laura Holzer, die den jetzt aufgetauchten Fluchtweg bei der VS Mitte untersucht hat, bezweifelt aber, dass das stimmt: „Dass der Gang bis nach St. Peter reicht, ist sehr unwahrscheinlich. Der Gang ist nicht als Geheimgang oder Ähnliches zu verstehen, sondern eher als Zufluchtsort für die Schüler und Lehrer der Schule, der nach der Gefahr wieder verlassen werden konnte.“

Verwinkelt
Laut Michael Haider war der Gang zumindest alles andere als geradlinig. „Da waren lauter Ecken drin, wie in einem Labyrinth, richtig verwinkelt. Es ging maximal zehn Meter geradeaus, dann kam wieder die nächste Ecke, einmal rechts, einmal links…“ Und immer wieder passierten die zwei Buben, die damals zwölf Jahre alt waren, offene Türen. Teilweise war nur noch der rostige Eisenrahmen vorhanden, andere Türen waren noch vollständig erhalten. Der Feldkircher zeigt auf einen jungen Baum auf dem Sportplatz. „Hier ungefähr befand sich der Eingang. Der Gang verlief zwischen Volksschule und Hauptschule, schräg in Richtung Südosten.“

Ob es einen zweiten Deckungsgang gab, sei zwar nicht belegt, aber „diese Luftschutzanlagen sind generell verzweigt und abgewinkelt“, sagt Andreas Picker vom Bundesdenkmalamt. Dass der Gang verwinkelt gewesen war, sei also nichts Ungewöhnliches. „Die Zickzackform diente wohl dazu, dass man dem Feind eine geringere Trefferfläche bot.“

Bei dem jetzt ausgegrabenen Fluchtweg direkt neben der Volksschule Mitte handelt es sich um einen sogenannten Deckungsgang aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, informiert Laura Holzer. Deckungsgänge sind im Gegensatz zu Bunkern ein Zufluchtsort bei akuter Gefahr beispielsweise durch einen Luftangriff und nicht für einen längeren Aufenthalt gedacht. „Das Gangsystem, das aus mehreren Gangabschnitten besteht, die in verschiedene Richtungen abzweigen, wurde von uns dokumentiert“, erklärt Laura Holzer. Dabei stellte sich heraus, dass das Relikt nicht vollständig begehbar ist; die Enden der Gänge sind jeweils verschüttet.
Männer haben sich mit ihren Namen verewigt
„An den Innenwänden sind außerdem Graffiti mit Namen von Männern erhalten, die sich dort mithilfe von Feuerzeugruß verewigt haben“, sagt Laura Holzer. Aus welcher Zeit sie stammen, sei nicht ganz klar, vermutlich aber sind sie später als 1945 entstanden.

Die Untersuchungen sind mit einer fotografischen und vermessungstechnischen Dokumentation abgeschlossen worden. „Der Gang wird nun wieder mit Erde überdeckt und ist somit konserviert“, schildert die Archäologin die weitere Vorgehensweise.
Wahrscheinlich gab es zwei Eingänge zu dieser Luftschutzanlage. Wo genau die zwei Eingänge liegen, könne man nicht mehr herausfinden, da diese verschüttet sind. Wie diese Verschüttungen entstanden sind, könne man ebenfalls nicht mit Sicherheit sagen, informiert Laura Holzer. „Wahrscheinlich ist aber, dass der Gang sich einfach aufgrund von Kappungen, die nach 1945 entstanden, selbst mit Umgebungssediment gefüllt hat oder im Zuge von Bauarbeiten teilweise verfüllt wurde.“ Dass er während eines Luftangriffes zerstört wurde, sei auszuschließen, da der Gang selbst keine solchen Schäden an den verschlossenen Stellen aufweist. Das Sediment sei einfach „hineingeflossen”.

Eine weitere Möglichkeit, warum die Gänge verschüttet sind, könnte der Bau der Turnhalle und des Kindergartes sein. Im Zuge der Bauarbeiten könnten die Gänge teilweise abgerissen worden sein, vermutet die Stadt Bludenz.