„Causa Reichart“: Vorwurf der Befangenheit gegen Richterin – und wie das ausging

Beklagter Bregenzer Prüfungsausschussvorsitzender Moosbrugger lastete Feldkircher Zivilrichterin einen schwerwiegenden Verfahrensfehler an.
Feldkirch Am 6. März 2023 wurde Alexander Moosbrugger, seines Zeichens Vorsitzender des Bregenzer Prüfungsausschusses, am Landesgericht Feldkirch wegen „Übler Nachrede“ zu einer Geldstrafe von 5400 Euro verurteilt (die VN berichteten).
Klägerin war die von Rechtsanwalt Martin Mennel vertretene Leiterin des Bregenzer Kulturreferates, Judith Reichart. Ihr hatte Moosbrugger in einer Pressekonferenz, an der auch VP-Stadträtin Veronika Marte und Vizebürgermeisterin Sandra Schoch teilnahmen, einen ganzen Wust von Vorwürfen entgegen geschmettert. Moosbrugger prangerte Reichart unter anderem an, betrügerisch und unter Vortäuschung der Existenz des Vereins „Kunst-Stadt-Raum Kunstverein“ und bereits zugesagter Landesförderungen öffentliche Bundesfördermittel erschlichen und öffentliche Gelder zweckentfremdet verwendet zu haben.

Veronika Marte (l.), Alexander Moosbrugger und Sandra Schoch bei der denkwürdigen Pressekonferenz im Oktober 2021. vn/rauch
Sogar das Landeskriminalamt wurde mit Ermittlungen gegen die Kulturreferatsleiterin eingeschaltet. Mit dem Resultat, dass sämtliche Vorwürfe gegen Reichart haltlos waren. Deshalb kam es beim Prozess zum Schuldspruch Moosbruggers, der gegen das Urteil Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde anmeldete.
Zivilrechtliche Klage
Doch auch Reichart reicht es nicht: Sie klagt den Bregenzer Prüfungsausschussvorsitzenden auf dem Zivilrechtswege auf Widerruf und Unterlassung seiner öffentlich erhobenen Vorwürfe. In einer Verhandlung am Feldkircher Zivilgericht am 15. Dezember 2023 ging es vor allem um den Vorwurf Moosbruggers, seine Kontrahentin hätte den besagten Kulturverein rechtswidrig gegründet und dafür Geld eingeheimst.
Richterin Sieglinde Stolz erörterte bei der Verhandlung wörtlich: „Von der Staatsanwaltschaft ist bereits geprüft worden, dass die Gründung dieses Vereins nicht rechtswidrig war, dass insbesondere kein strafbares Verhalten der Klägerin vorliegt und die Vorgehensweise dem üblichen Vorgehen entspricht. Deshalb wird dies von mir nicht neuerlich geprüft.“
Antrag auf Ablehnung
Worauf Rechtsanwalt Wilfried Ludwig Weh als Beklagtenvertreter Moosbruggers gegen die Richterin vorpreschte. Er warf ihr nämlich Befangenheit vor und stellte einen Antrag auf Ablehnung, unter anderem mit der Begründung: „Die Richterin lässt hier außer Acht, dass das Land Vorarlberg als Gemeindeaufsicht mit der Gründung dieses Vereins nicht einverstanden war, was in dessen Auflösung resultierte.“ Mit anderen Worten: Weh warf Richterin Stolz einen Verfahrensfehler vor.
Kein Verfahrensfehler
Das Ergebnis wurde jüngst mit dem Beschluss kundgetan, dass der Antrag zurückgewiesen wurde. Unter anderem mit der Begründung, dass in der Ansicht von Richterin Stolz, einen etwaigen strafrechtlichen Hintergrund bezüglich der Gründung Kulturvereins nicht neuerlich prüfen zu wollen, kein schwerwiegender Verfahrensfehler vorliege, der eine fehlende Unbefangenheit und Unparteilichkeit indiziere.
Dies war nicht die erste Schlappe der Partei Moosbrugger in der „Causa Reichart.“ Zweimal wandte sich der Bregenzer Prüfungsausschussvorsitzender an den Verfassungsgerichtshof. Unter anderem deshalb, weil er sich mit seiner Verurteilung unter der Anwendung eines „verfassungswidrigen Gesetzes“ in seinen Rechten verletzt glaubte. Doch auch hier wurden beide Anträge zurückgewiesen.