Warum passiert so wenig, um das Gemetzel auf den Pisten zu verhindern?

Vor 14 Jahren habe ich in einem Buch den Finger in die Wunde des alpinen Skisports gelegt und gehofft, dass der sportliche Horror in 20 Jahren vorbei sein würde.
Warum passiert nach wie vor so viel auf den Pisten und gleichzeitig so wenig, um das Gemetzel zu verhindern? Wie kann sich ein Sport an ein derartiges Desaster gewöhnen? Welchen Sport gibt es, in dem die besten – aktuell Marco Schwarz, Alexander Aamodt Kilde, Corinne Sutter oder Petra Vlhova – schwer verletzt ausfallen und Mikaela Shiffrin, die Größte aller Zeiten, gerade mit viel Glück am selben Schicksal vorbeigeschrammt ist? Keinen!

Wo bleiben die Empörung und der tief genug greifende Lösungsansatz, die gemeinsamen, entschlossenen Initiativen, um zu verhindern, dass ein Sport seine Kinder vor aller Augen frisst?
Das System reguliert sich nach jeder Erschütterung wie eine Hydra. TV-Kameras ersparen dem Publikum pietätsvoll die brutalsten Bilder. Expertinnen und Experten und mit ihnen die ganze Karawane liefern vorgefertigte Erklärungen, müssen in routinierter Betroffenheit über Gefahr, Restrisiko und Eigenverantwortung schwadronieren. Die Verantwortung für die Misere gehört scheinbar nach wie vor niemandem. Keine und keiner will der bzw. dem anderen zu nahe treten. Alles im Zirkus hängt irgendwie zusammen. Eine überfällige und kritische soziologische Milieustudie gibt es nicht, sie wäre lohnend.
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Zuverlässig wirkt ein immer schon bewährtes Narkotikum, die Präsentation neuer Sieger und Siegerinnen! Systemimmanent im Leistungssport ist der Umstand, dass die Plätze der Gestrauchelten sofort nachbesetzt und im doppelten Sinn verdrängt werden.
Stellen wir uns vor, die Weltcuprangplätze der Schwerverletzten würden eingefroren, ganz einfach nicht mehr vergeben. Im Slalom der Frauen würde also aktuell nur um den dritten Platz auf dem Stockerl gefahren. Das wäre seltsam, aber bewusstseinsbildend.
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Für eine echte Lösung wird es gewaltige Kraftanstrengungen brauchen. Expertenwissen aus den Universitäten, Skiställen und der Medizin ist vonnöten. Und ganz heikel: Es braucht gegenseitiges Vertrauen und Mut! Über Konkurrenz, Skiverbandsgrenzen und Skifirmen hinausgehend ein klares Bekenntnis dazu, diese Herausforderung zu einem guten und verantwortbaren Ende bringen zu wollen.
Wissen, Erfahrung und Geld dafür wären vorhanden, es wird täglich in Optimierung und Konkurrenzfähigkeit, in den Kampf um Hundertstelsekunden und den gefährlichen Ritt auf der Rasierklinge gepumpt. Gerade für einen Verband wie den ÖSV, der sich neu formiert, könnte das oberste Priorität haben. Im Gegensatz zur sportlichen Erfolgsbilanz haben die Vorgänger bei diesem Thema genug Luft nach oben gelassen.