Haikus am Literaturbahnhof Feldkirch

Gedichte beleben den Bahnhof am Welttag der Poesie.
Feldkirch Nach Werken der Künstlerin Veronika Schubert im vergangenen Jahr werden nun Haikus verschiedener Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler am 21. März um 17 Uhr im Rahmen der Ausstellungseröffnung vor dem Bahnhof Feldkirch präsentiert. Der von Erika Kronabitter initiierte Literaturbildschirm in der Ankunftshalle lädt zum Lesen und Betrachten literarischer Texte zum Thema Reisen, Sehnsucht, Fernweh, Nähe und Distanz ein. Im vergangenen Jahr wurde der “Literaturbahnhof” von der Bahnhofshalle auf den neu gestalteten Bahnhofsvorplatz ausgeweitet.

Für diesen haben Linda Achberger, Gabriele Bösch, Patricia Brooks, Ingo Cesaro, Christian Futscher, Susa Hämmerle, Johanna Hansen, Erika Kronabitter, Matthias Müller, Laura Nussbaumer, Nils Nussbaumer, Sarah Rinderer, Siljarosa Schletterer, Petra Sela und Waltraud Travaglini Haikus geschrieben, die humorvoll und inspirierend, anregend und beglückend auf die Menschen vor Ort wirken sollen und das aktuelle Thema der Veranstaltungsreihe Erbe & Vision „Rasender Stillstand“ aufgreifen. Die Vorarlberger Künstlerin Omani Frei begleitet die Gedichte mit ihren Bildern, welche die Poesie ästhetisch bereichern und die Wahrnehmung verstärken.
Ein Haiku ist eine traditionelle japanische Gedichtform und gilt als das kürzeste Gedicht der Welt. Es unterliegt strengen Regeln, denn das Gedicht muss aus drei Wortgruppen mit vorgegebener Silbenzahl bestehen und sich inhaltlich auf aktuelle Themen der Gegenwart beziehen.
RASENDER STILLSTAND
Linda Achberger
Totholz am Flussufer
Tag für Tag werd ich morscher
was bleibt ist ein Bruch

Gabriele Bösch
Abschied um Abschied
darüber ruht still
ein Schloss

Patricia Brooks
Landschaft zieht vorbei
Der Pfirsichmond scheint so still
Tanzen wir ihn wach

Ingo Cesaro
Aus dem Teufelskreis.
Termine Zahlen und Mails –
entflieht er träumend.

Christian Futscher
Ruhig Tee trinken,
aber in der Tasse fährt
ein Irrer Jetski.

Susa Hämmerle
Kein Rauch am Wegrand
schläfrig liegt der Himmel da
wie ein sattes Tier

Johanna Hansen
Rasender Stillstand
im Zeittunnel aus Tagen
Ohnmachtsgefühle

Erika Kronabitter
Schwirrende Flügel
grün schimmert die Libelle
Schattenunkt im Teich

Mathias Müller
Ein Platz und Blätter
wie aus der Luft gegriffen
beinah menschenleer

Laura Nussbaumer
Der frühe Wurm fängt
den Sturz des Habichts schneller,
stirbt effizienter.

Nils Nussbaumer
Eine alte Frau
stützt sich auf ihren Rolli
und atmet laut auf

Sarah Rinderer
Schau mal die Ferne
am Bahnsteig gegenüber
eigentlich ganz nah

Siljarosa Schletterer
Diskrepanz
die Angst – die rast
das Jetzt – das bleibt

Petra Sela
Der Motor heult auf
Erdklumpen und Schnee spritzen
Das Auto steht still

Waltraud Travaglini
Rasend still das Herz
aus dem Abendhimmel tropft
der neue Morgen
