Warum der Weg zum legalen Joint in Lindau besonders beschwerlich ist

Im Cannabis Social Club zu Lindau ist der erste Tag der Cannabis-Freigabe in Deutschland ein besonderer.
Lindau Deutschland hat entschieden. Der Cannabis-Konsum ist seit 1. April unter strengen Auflagen legal – und das ist kein Aprilscherz. Erwachsene dürfen ab sofort für den Eigenkonsum eine begrenzte Menge an Cannabis anbauen, ab 1. Juli ist der Anbau von Cannabis nach vorgegebenen Qualitätsrichtlinien in gemeinschaftlichen Anbauvereinigungen erlaubt. Legal einen Joint rauchen dürfen Erwachsene in Deutschland seit Ostermontag.
Zahlreiche Hanfprodukte
Im schmucken Spezialshop von Sabine Gallinat (63) und Siegbert Fertig (61) in der Lindauer Fußgängerzone löst der Regierungsbeschluss Genugtuung aus. Sie haben den Cannabis Social Club (CSC) gegründet und dürfen bald an ihre Clubmitglieder Cannabis abgeben. “Wir haben uns seit fünf Jahren dem Cannabis verschrieben”, sagt Siegbert Fertig. Ein Blick auf das Shop-Warenangebot bestätigt den Kleinunternehmer. Hanfprodukte so weit die Regale reichen: Öle, Salben, Kosmetika, Bücher und vieles mehr. Darüber hinaus verkaufen Fertig und Gallinat in ihrem bunten Geschäft aber auch Hüte, Taschen, Schals, andere Lebensmittel und Spezialgetränke.

Runder Tisch mit CSU-Mann
Über die regulierte Cannabis-Freigabe und darüber, wie sie in ihrem Club damit umzugehen gedenken, reden Gallinat und Fertig bereitwillig. “Wir sind in einem Alter, wo wir schon ein bisschen Risiko gehen können”, sagt Sabine Gallinat kokett. Ihr Auto habe sie mit Canabismotiven bemalt, sie mache aus ihrer Einstellung keinen Hehl.
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Das macht auch David Graf nicht. Beim ehemaligen Ortsvorsteher der Lindauer CSU hält sich die Begeisterung über die Freigabe von Cannabis selbst in streng vorgeschriebener Form in Grenzen. Bereitwillig haben ihn Gallinat und Fertig zum Gespräch in ihr Geschäft eingeladen. “Unser Jugend hat soeben Corona hinter sich, hinzu kommt das Alkoholproblem. Psychosen bei jungen Menschen nehmen zu. Wollen wir uns jetzt wirklich ein weiteres Problem einhandeln?” In den Augen des CSU-Mannes wurde das Gesetz zur Freigabe von Cannabis zu schnell und ohne durchdachte Begleitmaßnahmen beschlossen. “Es hätte zum Beispiel eine Regelung mit der Festlegung eines Abstandes zwischen Cannabis-Abgabestandorten und Schulen geben müssen.”

Keine Vorarlberger
Siegbert Fertig kann mit der Position Grafs nichts anfangen. “Schauen Sie doch nur, wie Kids in den Schulbussen schon irgendein Zeug vertickert wird.” Sabine Gallinat bringt sich ein. “Bei uns wird alles genau kontrolliert: der Anbau, der THC-Gehalt, der Verkauf. Dies ist doch viel besser, als wenn alles unkontrolliert über die Bühne geht.”

In Bayern werden die künftigen Cannabis-Produzenten keinen leichten Stand haben. “Bayern nimmt eine aktiv negative Haltung zur Cannabisfreigabe ein. Man wird uns das Leben nicht leicht machen und den Begriff ‘Ordnungswidrigkeit’ wohl sehr eigenwillig interpretieren.”
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500 Mitglieder darf der Cannabis Social Club aufnehmen. “Aber wir wollen nur 250 haben, um einen besseren Überblick zu bewahren. Wir möchten auch nur Personen aufnehmen, die über 25 sind”, verrät Gallinat.
Erlaubt sind den Klubmitgliedern 50 Gramm Cannabis im Monat. Nur 25 Gramm dürfen sie auf einmal kaufen. “Vorarlberger dürfen wir in unserem Klub leider keine aufnehmen. Das bedauern wir sehr”, sagt Sabine Gallinat.