Grundstückskäufe von Gemeinden: Alternativlose Partnerschaft mit Risiken

Rechnungshof prüfte Kooperation mit privatem Beratungsunternehmen und warnt vor Abhängigkeiten und ökonomischen Nachteilen. Gemeinden widersprechen.
Schwarzach Hohenweiler hat eine Idee. Im Zentrum sollen drei Dutzend Wohnungen in fünf Objekten, 54 Tiefgaragenplätzen und Gewerbeimmobilien entstehen – und zwar mithilfe einer Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaft (PSG). Denn Hohenweiler geht es wie vielen Gemeinden, die ihr Zentrum erneuern wollen: Ihnen fehlen Geld, Personal und Know-how für große Raumplanungsprojekte. Also holt man sich Private ins Boot, die im Sinne der Gemeinde arbeiten sollen. In Vorarlberg gibt es elf solche PSG. Der Rechnungshof hat sich jene in Doren, Sulzberg und Schruns angesehen. Er stellt fest: Gemeinden drohen fehlende Mitsprache und Nachteile bei den Finanzen. Die Sicherung der öffentlichen Interessen sei nicht immer gewahrt.
Oft alternativlos
PSG sind Genossenschaften, die Grundstückskäufe abwickeln. Sie kaufen, entwickeln im Sinne der Gemeinden und verkaufen sie wieder. Die Rendite soll die laufenden Kosten decken. Die Gemeinde ist zu 60 Prozent beteiligt, Private zu 40 Prozent. Die “Privaten”, das sind das Beratungsunternehmen ISK und die jeweils regionale Raiffeisenbank.
Brigitte Eggler-Bargehr, Direktorin des Landesrechnungshofs, warnt vor Risiken. Zumindest theoretisch sei möglich, dass die Gemeinden trotz Anteilsmehrheit von Entscheidungen in der PSG ausgeschlossen werden. „Die Gemeinden argumentieren zwar, dass es das bisher noch nicht gegeben hat. Es sollte aber auch rechtlich sichergestellt werden“, fordert sie.

Fehlendes Vier-Augen-Prinzip
Zudem stellte der Rechnungshof fest, dass für Bankgeschäfte in den geprüften PSG Einzelzeichnungsberechtigungen vorliegen. Vom Vier-Augen-Prinzip könne maximal in Sulzberg die Rede sein. Das sei auch deshalb kritisch, weil das beteiligte Beratungsunternehmen der PSG Leistungen verrechnen und sich selbst bezahlen kann. „Wir wollen hier niemandem etwas unterstellen. Es müssen aber die Risiken reduziert werden“, sagt Eggler-Bargehr.

Leistungen nicht verrechnet
Die Gemeinden wiederum seien zu gutmütig. Sie verrechnen manche Leistungen einfach nicht – etwa die Finanzverwaltung, Abbrucharbeiten auf den Grundstücken oder Renovierungen. Hier sollten sie mehr fordern, betont Eggler-Bargehr. So wie die Privaten. Das Beratungsunternehmen ISK erhielt jährlich eine Art Pauschale von 15.000 Euro. Die Gemeinden fragten nicht, wofür. Das ISK wiederum konnte dem Rechnungshof keine Leistungsaufzeichnungen vorlegen. Mittlerweile haben die Bürgermeister den Betrag auf 2500 bis 5000 Euro reduziert, womit Geschäftsführertätigkeiten abgegolten werden. Für alles andere sind Stundensätze festgelegt worden.

Keine Vergleichsangebote bei Krediten
Problematisch sieht der Rechnungshof auch die Kreditvergabe. Kaufen die Gemeinden mit der PSG ein Grundstück, laufen die Kredite über die beteiligte regionale Raiffeisenbank – ohne Vergleichsangebote. Gleichzeitig wirbt das ISK, dass bei einer PSG „für die Bank ein Zinsaufschlag über Marktniveau möglich ist“, heißt es im Rechnungshofbericht. Würde eine Gemeinde allein einen Kredit aufnehmen, wäre der Zinssatz niedriger, dafür müsste sie das Projekt aber zu 100 Prozent finanzieren. „Hier muss man sich im Einzelfall die Frage stellen, ob es die PSG wirklich braucht“, stellt Eggler-Bargehr den Sinn infrage.

Rote Zahlen in Doren
Während die Genossenschaften in Sulzberg und Schruns finanziell gut dastehen, ist die Lage in Doren schwierig. Dort stürzte die PSG in rote Zahlen. Sie erwarb für das Projekt KleinWien die ehemalige Bäckerei um 270.000 Euro, die Gemeinde mietete sie für ein Jahr um 500 Euro monatlich, bezahlte Renovierung und Ausstattung. Mittlerweile beträgt die Miete 600 Euro und soll auf 1000 Euro steigen. Für die Gemeinde eine günstige Lösung – nicht aber für die PSG. Daher steht nun im Raum, dass die PSG die Immobilie direkt an die Gemeinde verkauft, womit sich die PSG auf Kosten der Gemeinde sanieren würde, erklärt Eggler-Bargehr. In Doren widerspricht man dieser Darstellung. Der Kauf werde nicht deshalb geprüft, sondern, weil die Liegenschaft hauptsächlich einer öffentlichen Nutzung zuzuführen sei.
Bleibende Abhängigkeit
Ist eine Gemeinde einmal in einer PSG, kommt sie kaum raus, kritisiert Eggler-Bargehr. Man begebe sich in eine Abhängigkeit. Ein ausgeschiedenes Mitglied habe nur Anspruch auf seine Geschäftsanteile, nicht auf Gewinnrücklagen oder Vermögen wie Immobilien. „Wertsteigerungen durch die Umwidmungen bleiben in der Genossenschaft“, warnt die Direktorin. Alternativen zu den PSG gebe es aber kaum, wie eine stärkere Unterstützung der öffentlichen Hand bei großen Raumplanungsprojekten. Die Rechnungshofdirektorin sieht hier Potenzial.
Die Gemeinden betonen ebenfalls, oft keine andere Möglichkeit zu sehen, sind aber gleichzeitig zufrieden mit den PSG. Auch in Hohenweiler würde das Zentrum ohne Genossenschaft wohl anders gebaut werden.
Birgit Entner-Gerhold, Michael Prock