Warum die Obstbauern jetzt richtig ins Bibbern kommen

Der ultimative Albtraum nimmt Gestalt an. Obstblüten und Jungfrüchten drohen Frostnächte.
Höchst, Bregenz Jens Blum, des Landes größter Obstbauer, übt sich in einem fatalistischen Lacher. “Es ist so, dass wir mit allem rechnen müssen”, schickt der erfahrene Landwirt mit ernster Stimme nach. Das heißt: Der Kälteeinbruch, der sich zu einer Kälteperiode entwickeln wird, bringt ihn und seine Standeskollegen ins Schwitzen. “In der Nacht von Sonntag auf Montag könnte die Temperatur auf deutlich unter null zurückgehen”, weiß Blum, der die Wetterprognosen der kommenden Tage schon genau studiert hat.

Banger Blick auf Wetterkarte
Birnen und Äpfel stehen zum Teil in voller Blüte, einige Birnensorten sind sogar schon abgeblüht, die kleinen Früchtchen Wind und Wetter ausgesetzt. “Die Früchtchen sind noch empfindlicher als die Blüte”, weiß Ulrich Höfert, Obstbaureferent bei der Vorarlberger Landwirtschaftskammer. Auch er richtet derzeit gebannt jeden Tag den Blick auf die verschiedenen Wettermodelle. “Leider verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es in der Nacht von kommendem Sonntag auf Montag verdammt kalt werden könnte. Da gibt es Modelle, die bis zu minus fünf Grad ankündigen.”

Der Frost ist je nach Höhe unterschiedlich. “Auf zwei Meter Höhe wird’s weniger kalt als am Boden”, erklärt Blum. Was bedeutet, dass vor allem ungeschützte Erdbeerfelder dem Frost zum Opfer fielen.

Frostberegnung
Blums schärfste Waffe gegen die Minusgrade ist seine Frostberegnungsanlage, die er nach dem kältebedingten Ernte-Totalausfall von 2017 um viel Geld installieren ließ. Aber selbst die kann je nach Bedingungen große Schäden nicht verhindern. “Wenn’s kalt ist und windig, nützt sie nichts”, betont der Höchster Landwirt. Zumal die Kapazität der Anlage nur für rund 80 Prozent der Anbaufläche ausgerichtet ist.
Jene Obstbauern, die keine Frostberegnung einsetzen können, versuchen ihre Früchte in kalten Nächten durch Frostkerzen zu schützen. Im Jahre 2017 nützte alles nicht. Da vernichtete eine extreme Frostnacht zur exakt selben Zeit wie jetzt in Vorarlberg nahezu die gesamte Obsternte.
Die Schmerzgrenzen
Wissenschaftlich belegt sind mittlerweile jene Temperaturen, bei denen die verschiedensten Obstsorten Schaden nehmen. Bei Apfelkulturen in Vollblüte richten minus 2,9 Grad zehn Prozent Schaden an. Sinkt die Quecksilbersäule auf minus 4,7 Grad, erfrieren 90 Prozent aller Apfelkulturen in Vollblüte.

Noch empfindlicher sind Kirschen. Dort reichen 3,9 Grad Minus bereits, um 90 Prozent der Kirschenblüten zu zerstören. Diesbezüglich herrscht etwa auch im Kriasi-Dorf Fraxern wieder Großalarm. “Es steht vieles schon in Blüte”, berichtet Kirschenbauer Bertram Nachbauer. Den Teufel an die Wand malen will er jetzt jedoch noch nicht. “Der Schweizer Wetterbericht kündigt maximal minus ein Grad an. Das ginge gerade noch.”
Die Nacht von Sonntag auf Montag droht dort wieder erneut alles zu zerstören, was nicht irgendwie geschützt ist.