Schuldirektor zur Schließung der Kantine: “Ich will keine Lieferdienste vor der Schule haben”

Aqua Mühle schließt zum Ende des Schuljahres zwei weitere Schulkantinen in den Bundesgymnasien Bludenz und Dornbirn-Schoren. Der Grund: Gestiegene Personalkosten und Inflation. Was der Bludenzer Direktor Gerald Fenkart dazu sagt.
Bludenz „Die Eltern sind aus allen Wolken gefallen“, berichtet Schulleiter des BG Bludenz, Gerald Fenkart. Die Schulkantinen in den Bundesgymnasien Bludenz und Dornbirn-Schoren werden zum Schuljahresende von der AQUA Mühle geschlossen. Die Kantinen können aufgrund der stark gestiegenen Personalkosten und der Inflation nicht mehr kostendeckend geführt werden, teilt Sonja Meyer, Geschäftsführerin der AQUA Mühle, mit. Die AQUA Mühle betreibt zudem die Kantinen in der Landesberufsschule und im Konservatorium in Feldkirch und überprüft laufend deren Wirtschaftlichkeit. Aktuell sind allerdings keine weiteren Schließungen geplant. Bereits letztes Jahr hat die AQUA Mühle drei Schulkantinen geschlossen.

Sonja Meyer erläutert die Hintergründe: „Wir haben hohe Personalkosten.“ Die 370 Mitarbeiter unterliegen dem Kollektivvertrag der Sozial- und Gesundheitsbranche. Die Gehälter sind in den letzten zwei Jahren um rund 15 Prozent gestiegen und die Wochenarbeitszeit wurde von 40 auf 39 Stunden gekürzt. Dazu kommt die Teuerung der Lebensmittel. Da die AQUA Mühle viel Wert auf Regionalität legt, kauft sie viele Lebensmittel direkt in Vorarlberg ein. Hier seien die Preise um 25 bis 30 Prozent gestiegen. „Das belastet uns sehr“, sagt Sonja Meyer. Immerhin besitzt die AQUA Mühle einen eigenen Garten, wo sie Gemüse selbst anbauen kann. Nicht nur im Ländle, sondern europaweit spürt Kantinenleiter Marco Nuculovic die Inflation und rechnet vor: Haben drei Liter Olivenöl vor Corona noch 17 Euro gekostet, kosten sie jetzt 44 Euro.

Die Zahlen belegen, dass die Kantine im BG Bludenz jedes Jahr ein Minus macht. Nur 50 Essen bei rund 800 Schülern werden durchschnittlich pro Tag ausgeteilt. Bezahlt werden müssen aber Kantinenleiter Marco Nuculovic und seine fünf Helfer, allesamt Transitarbeitskräfte, die vom AMS zugewiesen werden. Bei 6,50 Euro pro Mittagsmenü ist das nicht mehr tragbar. „Soziale Unternehmen wie wir sind nicht zur Gänze durchgefördert“, erklärt Sonja Meyer. Rund 60 Prozent seines Umsatzes muss das Unternehmen selbst erwirtschaften. Die Transitarbeitskräfte, die spätestens nach einem Jahr wieder auf den Arbeitsmarkt kommen sollen, zahlt zwar das AMS, doch die Arbeitsanleiter werden von AQUA Mühle selbst finanziert. Die Gehilfen und Marco Nuculovic werden durch die Kantinenschließung aber nicht arbeitslos, sondern an anderer Stelle eingesetzt.


Zwei Optionen
Die AQUA Mühle hat angeboten, das BG Bludenz mit Essen zu beliefern. Verteilen müsste es die Schule dann selbst. An sich eine gute Idee, doch in der Umsetzung scheitert es laut Direktor Gerald Fenkart am Personal. Zwar würde der Elternverein unterstützen, jedoch – und da ist er sich sicher – nur kurzzeitig gesehen. Eine langfristige Verpflichtung sei schwierig zu besetzen. Auch das Bestellsystem sieht Gerald Fenkart kritisch, da die Jugendlichen spontan entscheiden, ob sie in der Kantine etwas essen wollen oder nicht. Der Direktor befürchtet, dass die Jugendlichen sich ungesünder ernähren und sich beim Spar Cola und Chips kaufen. Er fordert, dass die Politik dem entgegensteuert und es eine Grundunterstützung für die Schulkantinen vom Land gibt.


Auch ein Essensautomat wie die LändlePFANNA der AQUA Mühle wäre möglich. Das Essen wird zubereitet, versiegelt und muss dann nur noch aufgewärmt werden. Doch Gerald Fenkart sieht auch darin keine wirkliche Alternative zur jetzigen Kantine. „Die Jugendlichen haben ein anderes Konzept vom Essen. Den Pizzalieferdienst anrufen ist eben einfacher“, sagt der Schulleiter. Ihm graut es vor der Zukunft. „Ich will keine Lieferdienste vor der Schule haben.“ Gleichzeitig wird die Kantine von einem belebten Treffpunkt zu einem „toten Raum“. Für Gerald Fenkart besonders schmerzhaft: Der Jausen-Kiosk am Vormittag, wo die Schüler belegte Brötchen kaufen können, fällt somit auch weg.

Das sagen Schüler und Lehrer
Nicht nur die Eltern wünschen sich einen fortlaufenden Betrieb, sondern auch die Schüler und Lehrer. Der 18-jährige Tian Pesjak geht regelmäßig in der Kantine Mittag essen und holt sich jeden Tag eine Jause. „Ich würde mich freuen, wenn die Kantine weiter betrieben wird. Es gibt hier variantenreiche Menüs, eine gesunde Jause, Suppen und Salate. Der Geschmack ist eine 10 von 10 und das Essen ist nicht überteuert.“

Auch Lehrer Jochen Lerch schätzt das Essen in der Kantine: „Ich gehe regelmäßig in die Kantine, zum einen wegen der guten Speisen, zum anderen wegen des sozialen Aspektes, da man sich hier unterhalten kann. Es ist furchtbar schade, wenn die Kantine schließt.“
