Aktueller Stand zum Klosterbogen: Welche Umweltfaktoren untersucht werden müssen

VN / 29.05.2024 • 09:23 Uhr
Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Lorenz Mint (l.) vom Umweltbüro Schütz, Michael Fehr (im Projektteam der ÖBB) und Pressesprecher Christoph Gasser-Mair (r.) stehen hier vor dem Auwald, für den Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden müssen. Bilder: VN/JUN

Was steckt eigentlich hinter so einem UVP-Verfahren, ohne dieses viele große Bauvorhaben gar nicht erst umgesetzt werden dürfen? Das erklären Michael Fehr von der ÖBB und Lorenz Mint vom Umweltbüro Schütz anhand des geplanten Klosterbogens in Bludenz. Denn auch dieser zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke braucht zuerst einen gültigen UVP-Bescheid.

Bludenz Gerade befindet sich der Klosterbogen – der zweigleisige Ausbau bei Bludenz-Brunnenfeld – im UVP-Verfahren, genauer gesagt in der Vorstufe, der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE). Das klingt nicht nur komplex und abstrakt, sondern ist es auch. Was sich hinter einer UVE bzw. einer UVP verbirgt, erklären Michael Fehr, Mitarbeiter im Projektteam der ÖBB, und Lorenz Mint, Ornithologe beim Umweltbüro Schütz.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Lorenz Mint auf der Suche nach den Vogelarten, die im Wald beim Kloster St. Peter leben.

Lorenz Mint ist Ökologe beim Umweltbüro Schütz, das von der ÖBB mit der UVE beauftragt wurde, und hat sich auf Vögel spezialisiert. Auch beim Bau des Klosterbogens muss der Lebensraum der Vögel berücksichtigt werden. Dabei geht es nicht nur darum, zu schauen, ob sich im Gebiet des Klosterbogens schützenswerte Vogelarten befinden, sondern auch, ob Vögel dort Beute jagen.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Michael Fehr (l.) weiß über den Klosterbogen und das UVP-Verfahren bestens Bescheid. Christoph Gasser-Mair erklärt, warum es den zweigleisigen Abschnitt vor dem Bludenzer Bahnhof überhaupt braucht.

Gerade der Auwald, durch den der Klosterbogen führen wird, ist ein schützenswertes Biotop. Hier müssen Ausgleichsflächen geschaffen werden, heißt, man muss den Wald im gleichen Gebiet neu anlegen. Im Wald beim Kloster St. Peter, der vom neuen Klosterbogen nicht direkt berührt wird, konnte Lorenz Mint keine kritischen Vogelarten finden. Insgesamt sind 25 bis 30 Vogelarten direkt oder indirekt vom Bau des Klosterbogens betroffen.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Der Auwald ist ein schützenswertes Biotop, für das Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden müssen.
Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Der Boden dort ist feucht. Auch der neu angelegte Wald muss einen feuchten Boden aufweisen.

“Arbeitsintensive Aufgabe”

Lorenz Mint ist immer mit seinem Fernglas ausgestattet, sagt aber, dass er die meisten Vögel an ihrem Gesang erkennt. Dafür muss er besonders früh dran sein, denn die Vögel zwitschern vor allem in den frühen Morgenstunden und bei Schönwetter. Alle 50 Meter durchläuft er eine Transekte, eine Vegetationslinie in der Landschaft, um möglichst alle Vogelarten zu erfassen. Nicht alle Vögel singen gleich laut. Das Sommergoldhähnchen ist zum Beispiel kaum zu hören. Von Anfang März bis Ende Juni sind die Vögel am aktivsten. Diese Zeit benötigt Lorenz Mint auch, um wirklich alle Arten zuzuordnen. „Das ist eine arbeitsintensive Aufgabe“, sagt er. Dabei geht er immer die gleiche Strecke ab, wechselt dabei aber die Startpunkte, damit er zu unterschiedlichen Uhrzeiten am selben Ort ist.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Diese Kreuzung ist bald Geschichte. Sie wird durch einen Kreisverkehr ersetzt.

Bis Juli werden die Fachbeiträge fertiggestellt, von der ÖBB bewertet und dann mit vorgeschlagenen Maßnahmen bis zum Jahresende an die Behörde eingereicht. Dann erst wird aus der UVE eine UVP, also aus einer Umweltverträglichkeitserklärung eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Einreichung und die Ausgleichsmaßnahmen überprüfen und bewerten unabhängige Sachverständige im Auftrag der Behörde. Danach haben u.a. die Naturschutzorganisationen, Anrainer und Bürgerinitiativen Zeit, Einspruch zu erheben. Wenn die öffentliche Verhandlung positiv verläuft, bekommt die ÖBB den rechtsgültigen UVP-Bescheid Ende 2025, sodass sie 2026 mit dem Bau des zweigleisigen Abschnittes beginnen können.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Lorenz Mint hat sich auf Vögel spezialisiert.

Nicht nur Vögel werden im betroffenen Gebiet untersucht, sondern allgemein die Flora und Fauna. Selbst archäologische Grabungen haben stattgefunden. Wichtig ist, dass alle Schutzgüter erhalten bleiben. Um das zu erreichen, sind mehrere Büros an der UVE beteiligt, nicht nur das Umweltbüro Schütz. So werden zum Beispiel auch die Auswirkungen auf Forst, Landwirtschaft, Siedlungsraum, Raumplanung und das Landschaftsbild untersucht. Auch Bodenproben wurden entnommen, da der Boden dort als sehr fruchtbar gilt. „Die Ackerflächen vom Kloster sind sehr ertragreich“, weiß Michael Fehr.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Künftig führt die Bahnstrecke durch den Auwald.

Wieder der Natur zugeführt

Die Strecke wird Richtung Süden versetzt. Dafür muss auch die Landesstraße mitverlegt werden. „Die Fläche, die verbaut wird, können wir eins zu eins wieder an die Natur zurückgeben, indem die alte Strecke und die Landesstraße wieder rekultiviert werden“, klärt Michael Fehr auf. Lkw-Fahrten werden auf ein Minimum reduziert, da der Aushub für die neue Strecke zum Auffüllen der alten Strecke und der Landesstraße hergenommen wird. Der Humus wird daher nur zwischengelagert, nicht abtransportiert.

Klosterbogen, ÖBB; Brunnenfeld, Bahnstrecke
Auch wird es in Zukunft einen eigenen Radweg von Brunnenfeld nach Bludenz geben.

Im Rahmen des neuen Klosterbogens wird auch ein Kreisverkehr bei der jetzigen Kreuzung (L190/Klostertalerstraße) gebaut. Auch der Radweg wird von Brunnenfeld nach Bludenz verlängert. Bei diesen Projekten arbeitet die ÖBB mit der Stadt Bludenz und dem Land zusammen. 2028 ist die Fertigstellung aller Bauvorhaben vorgesehen.

Mit dem Bau des Klosterbogens sorgt die ÖBB für eine höhere Fahrplanstabilität, da der Kreuzungsbereich der Züge größer wird. Jetzt müssen die Züge noch im Bludenzer Bahnhof auf den verspäteten Gegenzug warten. In Zukunft können die Züge bereits bis zum Klosterbogen rausfahren und dort auf den Gegenzug aus Innsbruck warten. Das sorgt dafür, dass das Gleis im Bahnhof wieder schneller frei wird. Durch den Klosterbogen und weitere Maßnahmen auf der Strecke Bludenz – Landeck wird so die Fahrtzeit der Züge etwas verkürzt.