Meisterhafte Bach-Interpretation

In der Reihe “Lago di Costanza” glänzten Editha Fetz und Johannes Hämmerle mit Violinsonaten.
HOHENWEILER Das Frauenkloster Gwiggen ist ein idealer Boden, um einem ambitionierten Konzertzyklus mit vorwiegend Alter Musik Heimat zu geben. Das dachte sich auch die seit 1994 an der heutigen Stella Vorarlberg tätige Geigerin Editha Fetz, Tochter der verstorbenen Orgellegende Günther Fetz, und gründete dort 2021 ihre Konzertreihe mit dem Ensemble Lago di Costanza. Sie weiß, wie‘s geht, hat sie doch früh im Concentus Musicus des Originalklang-Gurus Nikolaus Harnoncourt gewirkt und auch noch unter seinem Nachfolger.

So etablierte sich in Gwiggen eine Konzertreihe, die in regelmäßigen Abständen hochkarätige Konzerte in verschiedenen Besetzungen anbot, vom kleinen Ensemble bis zum Kammerorchester und mit barocken Perlen mit dem „Stabat mater“ von Pergolesi. Und eigentlich konnte nur Corona eine kurzzeitige Pause erzwingen, inzwischen läuft der Zyklus wieder wie geschmiert. Die wunderbar stimmige Klosterkirche in ihrer aufstrebenden baulichen Klarheit, die jeden Schnörkel vermeidet, erwies sich auch durch ihre warme, tragende Akustik als ideal sowohl für Mitwirkende wie für die Zuhörer, aus denen sich mit der Zeit sogar ein harter Kern von regelmäßig erscheinenden Liebhabern bildete.

Vor dieser gegenüber anderen Abenden etwas reduzierten Kulisse wird auch beim jüngsten Konzert am vergangenen Sonntag musiziert. Die äußeren Bedingungen sind mit EU-Wahlberichten im Fernsehen und prekären Wetteraussichten nicht eben ideal für einen starken Andrang. Manche mag auch die Besetzung etwas befremdet haben, die diesmal bewusst auf das äußerst Notwendige reduziert war, nämlich ein Duo aus Violine und Cembalo. Das ist nun freilich eher etwas für Spezialisten und Kenner unter den Zuhörern, denn gerade in dieser Beschränkung sah etwa der große Johann Sebastian Bach die ideale Form, sich in der komplexen kontrapunktisch bestimmten Handschrift seiner Kunst zu verwirklichen. Unter einer Vielzahl von klein besetzten Werken nehmen seine Violinsonaten eine herausragende Stellung ein, gelten beim Publikum als nicht eben leicht konsumierbar und sind von den Interpreten durch ihren Schwierigkeitsgrad gefürchtet.
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Kein Problem für Editha Fetz, die sich als Chefin der Reihe wie üblich selber in die Schlacht wirft. Sie hat dafür gleich zwei der schwierigsten Sonaten Bachs für ihre Barockvioline ausgesucht, die italienische geprägte BWV 1017, c-Moll, mit ihrer kunstvollen dreistimmigen Fuge, und BWV 1019, G-Dur, und erreicht dank ihres engagierten, hoch musikalischen Einsatzes eine äußerlich zwar virtuose, aber auch vom Geiste Bachs erfüllte Wiedergabe. Domorganist Johannes Hämmerle, bei verschiedenen Konzertreihen im Land auch als Cembalist der Mann für alle Fälle, ist auch hier nicht bloß Begleiter, sondern gleichberechtigter, fingerflinker Partner der Violine. Seine besonderen klanglichen Momente kostet er solistisch in einer verspielten Cembalosonate des Franzosen Leclair aus, die man als Erholung für Musiker und Zuhörer zwischen die Bachwerke geschoben hat. Alpha und Omega, also Anfang und Ende des Programms aber bleiben Bach vorbehalten, wo die zweite Sonate durch ihr außergewöhnliches Format und ihren Glanz auffällt, der in ein kunstvoll verschränktes Allegro-Finale mit Dialogen auf Augenhöhe mündet. Diese werden zu spannenden musikalischen Duellen, die mit dem fast gleichzeitig über Hohenweiler niedergehenden Gewitter wetteifern. Die beiden Musiker, dem Publikum als Sympathieträger längst vertraut, werden für ihre meisterhaften Leistungen herzlich gefeiert.
FRITZ JURMANN