Nur dann haften Lehrer bei folgenschweren Vorfällen auf Projektwochen

Unfälle, Eigentumsdelikte, Gewaltakte, Alkohol-Exzesse: Viel kann auf mehrtätigen Schulveranstaltungen passieren.
Bregenz Der Schüler lag flach, Vollrausch. Ein Notarzt musste schnell gerufen werden, der Jugendliche landete im Spital, und das nicht nur ambulant. Passiert auf der Projektwoche einer Vorarlberger Schulklasse in der deutschen Hauptstadt Berlin. Selbstredend warf der Vorfall Fragen auf. Unter anderem diese: In welchem Ausmaß sind auch jene Lehrpersonen für solche Vorfälle zur Verantwortung zu ziehen, die die Projektwoche leiteten oder begleiteten? In geschildertem Fall ging alles glimpflich und gütlich aus. Der Schüler konnte mit der Klasse die Heimreise antreten.
Zumutbarkeit
Die Frage bleibt trotzdem: Wann kann einem Lehrer etwas passieren, wenn Schüler während einer mehrtätigen Schulveranstaltung zu Schaden kommen? “Praktisch nie”, hält Schuljurist Markus Juranek (65) unmissverständlich fest. “Lehrpersonen sind rechtlich so gut abgesichert, dass ihnen bei folgeschweren Vorfällen während mehrtägiger Schulveranstaltungen praktisch nichts passieren kann. Natürlich hätten Lehrer eine Aufsichtspflicht. “Aber diese Aufsichtspflicht muss im Rahmen des Zumutbaren liegen”, betont Juranek. Soll in einem konkreten Fallbeispiel heißen: Büchst ein Schüler mitten in der Nacht aus dem Quartier aus, kann die Lehrperson im Falle von schwerwiegenden Folgen der Aktion nicht haftbar gemacht werden. Er muss ja in der Nacht auch schlafen.

“Abgesehen davon, ist primär immer der Staat zu klagen, da eine Amtshaftung besteht, und nicht die Lehrperson selbst”, ergänzt Juranek. Freilich könne die Republik Regressforderungen an die einzelne Lehrperson stellen.
Viele Anfragen
In seiner über 40-jährigen Berufskarriere als Schuljurist in Tirol, Salzburg und Vorarlberg habe er jedoch nie eine einschlägige Verurteilug einer Lehrperson erlebt, sagt Juranek. “Nur vom Burgenland war mir einmal ein Fall bekannt.” Wie auch immer: In der Bildungsdirektion Vorarlberg gibt es dennoch immer wieder Anfragen verunsicherter Lehrerinnen und Lehrer, die wissen wollen, was ihnen im Fall der Fälle passieren könne.
Für Gerhard Pusnik (65), AHS-Lehrervertreter, ist weniger die mangelnde rechtliche Absicherung von Lehrpersonen der Grund für eine teils skeptische Haltung zu mehrtätigen Schulveranstaltungen. “Viele Kolleginnen und Kollegen bemängeln eher die knappe Besetzung von Lehrerpersonal für solche Veranstaltungen. Weil man den Sparstift ansetzt, ist eine umfassende Begleitung solcher Veranstaltungen kaum mehr möglich.”

Ablehnung von Schülern
Dass LehrerInnen bei mehrtätigen Schulveranstaltungen rechtlich gut abgesichert sind, sagt auch Pflichtschullehrervertreter Willi Witzemann. “Selbstverständlich muss der Aufsichtspflicht nachgekommen werden. Dann sind Lehrpersonen komplett abgesichert.” Die Zahl der Begleitpersonen sei vorgegeben, meint Witzemann. “Im Vorfeld einer Projektwoche kann der Leiter/die Leiterin aber Schüler ablehnen, die bereits unangenehm aufgefallen sind und denen er/sie nicht vertraut. Das muss dann aber wohlbegründet sein. Besteht der Direktor trotz einer ablehnenden Haltung des Projektwochenleiters auf die Mitnahme eines Schülers, haftet im äußersten Fall er”, betont der Pflichtschullehrervertreter.

“Klare Regeln, an die man sich zu halten hat”, bezeichnet BRG-Schoren-Dornbirn-Direktor Reinhard Sepp als den Schlüssel für eine gelungene Projekt, -Sport- oder Sprachwoche. Auch Sepp sieht im Fall von schwerwiegenden Vorfällen mit Schadenspotenzial wenig Gefahr für die Lehrpersonen. “Bei uns organisieren die Kolleginnen und Kollegen solche Veranstaltungen sehr gerne. Und es finden sich auch leicht Begleitpersonen.”
