„Sie müssen alle wählen gehen“

VN / 03.11.2024 • 11:50 Uhr
US-Wahl Burlington
Laura und Liz Subin (v.l.): Die beiden jüdischstämmigen Schwestern setzen sich dafür ein, dass auch sozial schwache US-Bürger wählen gehen. VN/Hämmerle

Laura (55) und Liz Subin (55) kämpfen dafür, dass sozial benachteiligte US-Bürger zur Wahl gehen.

Burlington, Vermont Burlington, Vermont. Heimat von Bernie Sanders (83), dem „Sozialisten“ Amerikas. 40.000 Einwohner, Studentenstädtchen. Es gibt einen schmucken Campus, ein Rugby-Feld, aber auch Soccer-Plätze. Die Verlängerung der Church Street-Fußgängerzone führt direkt zum Lake Champlain, ein beliebter Badesee mit vielen Freizeitboten am idyllischen Hafen.

Demokratisches Kernland

Der Wahlkampf ist hier kaum sichtbar. „Wir sind im demokratischen Kernland“, erklärt mir John Rigley, der Mann meiner Cousine. Tatsächlich müssen wir eine Weile spazieren, ehe wir ein Wahlplakat sehen. „Reelect Bernie“ (Anm: Wählt wieder Bernie) steht darauf zu lesen. Die Gallionsfigur der amerikanischen Linken hat sein Büro in der Churchstreet. Dort, wo trotz des relativen Wohlstands der lokalen Bevölkerung mittlerweile auch Obdachlose zum Stadtbild dazugehören. Das habe sich in den letzten Jahren so entwickelt, sagen uns Insider. Republikanische Symbole oder Plakate bemerken wir in der Innenstadt keine.

US-Wahl Burlington
Einsam und verlassen steht ein Wahlplakat am Straßenrand des Studentenstädtchens Burlington: “Reelect Bernie”. Gemeint ist Bernie Sanders.

“Pennywise”

Weiter draußen am Land, nahe Richmond, begegnet uns der Wahlkampf zufällig und in ganz spezieller Form.  Im Garten einer Bierbar treffen wir die Schwestern Laura (55) und Liz Subin (56). Ein kurzer Small-Talk und schon sind wir ganz Ohr. Laura und Liz arbeiten für die Initiative „Pennywise“. „Wir motivieren Menschen benachteiligter sozialer Schichten in den Swing States, wählen zu gehen. Wir sind eine Non-Profit-Organisation. Wir haben unsere Leute in den einzelnen Staaten und versuchen diese mit jenen Ressourcen zu versorgen, die sie für ihre Arbeit mit den Menschen in den Kommunen brauchen“, erklärt Laura. „Und wir sind nicht der böse Clown in Stephen King’s ‚Es‘“, ergänzt die umtriebige Aktivistin mit einem breiten Lachen.

US-Wahl Burlington
Kein Lokal wie jedes andere. In Henry’s Diner verkehrte einst Bill Clinton. Das weiß der Ehemann meiner Cousine Linda, John Rigley.

Keine Wahlempfehlung

Liz betont, dass sie keine Wahlempfehlungen abgeben. „Das dürfen wir auch nicht. Sonst bekämen wir kein Geld von der öffentlichen Hand. Das brauchen wir, zusammen mit den privaten Spenden.“ Als Privatpersonen halten sie ihre Gesinnung gegenüber den neugierigen Europäern nicht geheim. „Wir wollen, dass Kamala gewinnt. Wir sind verzweifelt, was sich in diesem Land mittlerweile abspielt. Wie Fakten auf der Strecke bleiben und nur noch Parolen dominieren. Das ist schrecklich. Alle müssen wählen gehen“, zeigt sich Liz betroffen.

US-Wahl Burlington
Bild mit einer gewissen Ironie. Bananenrepublik USA? Natürlich wissen Modekenner, dass Banana Republic eine Modekette ist. Doch die USA dieser Tage bietet zum Teil ein sehr trauriges Bild.

Viel zu tun gibt es für die Schwestern vor dem Urnengang nicht mehr. „Wir haben getan, was wir tun konnten. Schauen wir, was am Dienstag wird“, fügt Liz an. Sie sind überzeugt: “Wenn alle wählen gehen, die wir mit unserer Kampagne erreichen wollen, dann gewinnt Kamala“.