Zwangspausen für Studierende

VN / 22.01.2025 • 06:00 Uhr
Vorarlbergerin des Tages Nina Mathies, Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft.
Nina Mathies ist die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft. mathies

Die Novelle des Universitätsgesetzes wird erstmals schlagend.

Bregenz, Innsbruck Das Wintersemester hat für viele Studierende nicht wie erwartet begonnen. Allein an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck wurden 163 Studierende in eine zweijährige Zwangspause geschickt. Grund dafür ist eine seit 2021 geltende Regelung des Universitätsgesetzes, die vorschreibt, dass Studierende innerhalb von vier Semestern mindestens 16 ECTS-Punkte (European Credit Transfer and Accumulation System) erreichen müssen. Wird diese Mindestleistung nicht erbracht, droht eine zweijährige Sperre für das jeweilige Studium an derselben Universität. „Wir haben diese Regelung von Anfang an stark kritisiert“, betont Nina Mathies, Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). „Die Idee dahinter war, sogenannte Karteileichen zu entfernen, also Studierende, die kein ernsthaftes Interesse daran haben, ihr Studium abzuschließen. Aber solche Karteileichen kosten weder der Universität noch dem Staat nennenswert Geld oder Aufwand“, erklärt Mathies. Statt Effizienz zu schaffen, führe die Regelung zu erhöhtem Verwaltungsaufwand an den Hochschulen. „Wir haben von vielen Universitäten gehört, dass sie mit der administrativen Arbeit nicht nachkommen.“

Zwangspausen für Studierende
Die Universität Innsbruck hat 163 Studenten in eine Zwangspause geschickt. apa

Ungleichgewicht bei der Vergabe von ECTS

Besonders problematisch ist aus Sicht der ÖH die Ungleichverteilung der ECTS-Punkte. „Ich studiere an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien Ingenieurwissenschaften, wo ein ECTS doppelt so viel Arbeit bedeutet wie in sozialwissenschaftlichen Fächern an der Universität Wien“, berichtet die Vorarlbergerin. ECTS-Punkte können durch Abgaben, Prüfungen oder den Besuch von Lehrveranstaltungen erworben werden – doch der Aufwand dafür variiert je nach Fachrichtung.

Die Novelle stößt insbesondere bei Studierenden mit Mehrfachbelastungen auf großes Unverständnis. „Wenn man Medizin studiert und zusätzlich Bildungswissenschaften belegt, ist es normal, dass man ein Studium vorübergehend hintanstellt. Trotzdem muss man für beide Studiengänge die 16 ECTS erbringen“, erklärt Mathies. Besonders betroffen seien Lehramtsstudierende mit mehreren Fächern oder Studierende, die aufgrund familiärer Belastungen – etwa durch die Geburt eines Kindes oder einen Todesfall – unverschuldet zurückfallen.

Vorarlbergerin des Tages Nina Mathies, Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft.
Mathies kritisiert diese Regelung. mathies

„Dass es keine Ausnahmen oder Lockerungen für spezielle Fälle gibt, ist unverständlich, vor allem in Berufen, in denen ohnehin Personalmangel herrscht“, kritisiert Mathies. Betroffene seien gezwungen, eine zweijährige Pause einzulegen oder ihr Studium an einer anderen Universität neu zu beginnen. „In vielen Fällen lassen sich erbrachte Leistungen schwer anrechnen“, fügt sie hinzu. „Das Schlechteste, was dem Staat politisch passieren kann, ist, wenn Menschen ihr Studium abbrechen – besonders, wenn sie schon weit fortgeschritten sind“, warnt Mathies. „Diese Richtung einzuschlagen, dass man Studierende mitten im Studium rausschmeißt, halte ich auf allen Ebenen für falsch.“