Rätsel um geplünderten Opferstock und ein mysteriöses Schriftstück

Was geschah am 20. Jänner 2024 in der Tisner Pfarrkirche? Gericht sucht nach der Wahrheit über mutmaßlichen Diebstahl in geweihter Halle.
Feldkirch Die Wahrheit allein kennt nur Gott. Oder aber auch jener 43-jährige Mann, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, am 20. Jänner des Vorjahres den Opferstock der Pfarrkirche in Tisis aufgebrochen und daraus die Spenden der Gläubigen auf frevelhafte Weise entwendet zu haben.
Doch war er es auch wirklich? Denn bisher gibt es nur vage Indizien, die ihn als Täter infrage kommen lassen. So ist der Wohnsitz- und Beschäftigungslose schon seit langem amtsbekannt. Sein Vorstrafenregister weist bereits 21 Eintragungen auf. Darunter ein Diebstahl nach dem anderen. Außerdem wurde der 43-Jährige immer wieder in Kirchen gesichtet. Dem Vernehmen nach jedoch nicht, um dort fromm zu beten.

Vikar als Zeuge
Bei der Verhandlung am Landesgericht Feldkirch erscheint der 43-Jährige trotz Ladung nicht. Richter Martin Mitteregger entschließt sich zunächst, den Prozess in Abwesenheit des Angeklagten durchzuführen. Im Beweisverfahren wird der Vikar der Pfarrkirche als Zeuge einvernommen. Doch was kann er bezeugen?
Der Geistliche bestätigt dem Gericht, dass er an jenem 20. Jänner in Vertretung des Pfarrers den Gottesdienst in der Tisner Kirche abhielt. Es war ein Samstagabend. „Nach der Messe wurde ich von gläubigen Kirchenbesuchern darauf aufmerksam gemacht, dass der Opferstock aufgebrochen worden sei. Tatsächlich war dies der Fall, auf dem Boden vor dem Stock lagen überall Holzsplitter.“
Nichts bemerkt
Die Pforte des Gotteshauses sei über den Tag hinweg geöffnet gewesen. Doch er, der Vikar, habe nichts von einem Eindringling oder Diebstahl bemerkt. Somit also keine Anhaltspunkte, die auf einen leibhaftigen Tatverdächtigen hinweisen könnten. Das Ermittlungsverfahren wurde abgebrochen.
Bis ein seltsamer Hinweis kam. Beim Opferstock sei von der Pfarrei-Mitarbeiterin ein „Schriftstück“ gefunden worden. Oder besser gesagt, ein „Zettel“, wie der Vikar schilderte. Auf dem Papier war ein Name notiert – ein amtsbekannter Name. Nämlich jener des 43-jährigen Mannes, der nun nicht nur als Tatverdächtiger, sondern auch als Beschuldigter gehandelt wird. Wer dieses Schriftstück beim Opferstock deponiert hatte, bleibt jedoch ein Rätsel.
Amtliche Lichtbilder
Nun gibt es vom Verdächtigen polizeiliche Lichtbilder. Sie wurden dem Pfarrer, der bei jener Messe vom Vikar vertreten worden war, von der Polizei vorgelegt. Und in der Tat erkannte der Geistliche den Abgebildeten als jenen, den er immer wieder gesehen habe. Bei der aktuellen Verhandlung selbst kann der Pfarrer jedoch nicht aussagen, weil er gerade in Nofels predigt. Richter Mitteregger entschließt sich, die Verhandlung nun doch nicht ohne die Einvernahme Beschuldigten durchzuführen und kündigt an, den Angeklagten beim neu anberaumten Prozess Anfang April polizeilich vorführen zu lassen. Ob dieser dann vor Gericht „beichten“ wird und eine Offenbarung des Geschehenen verheißt, lässt sich jedoch nicht prophezeien.
Immerhin wird dem Opferstockdiebstahl nun ein Riegel vorgeschoben, da die Spenden nun ja auf digitalem Wege möglich sein werden. Vorerst jedenfalls im Feldkircher Dom, wie die VN aktuell berichten.