„Ich wäre froh, wenn hier ein Kassenarzt tätig wäre“ – Warum in Höchst eine voll ausgestattete Praxis leer steht

Streit zwischen Eigentümer und Arzt sowie der Gemeinde zum Schaden der Bevölkerung.
Höchst Georg Witzemann (75) wirkt etwas einsam und verloren, wenn er so durch die Räumlichkeiten seiner Arztpraxis in der Höchster Eisengasse wandelt. Der Allgemeinmediziner hätte es gerne anders. „Ich wäre froh, wenn hier ein Kassenarzt für die Höchster Bevölkerung tätig wäre. Brauchen könnte man ihn beziehungsweise sie, und diese Praxis stünde bestens eingerichtet zur Verfügung“, seufzt der Allgemeinmediziner, der 2014 seinen Kassenvertrag zurücklegte und seitdem geringfügig als Wahlarzt tätig ist.
Höchster Ärztin in Fußach
Warum das nicht der Fall ist? Eine lange Geschichte, gepflastert mit Missverständnissen, zerbrochenen Partnerschaften und menschlichen Zerwürfnissen. Als Dr. Hans Gasser am 31. 12. 2023 pensionsbedingt seine Praxis in den Witzemann gehörenden Räumlichkeiten schloss, wäre die Infrastruktur für einen Nachfolger bereitgestanden. Doch schon am 23. Mai 2023 beschloss die Höchster Gemeindevertretung, die der Kommune zustehende Kassenstelle subsidiär nach Fußach zu vergeben, wo Dr. Monika Lenzi im Frühjahr 2024 ihre Tätigkeit aufnahm. Mangels einer zur Verfügung stehenden Immobilie, wie schon im zuvor stattgefundenen Netzwerktreffen für die Versorgungssicherheit im Rheindelta festgehalten wurde.

Gassers umstrittene Auskünfte
„Schon das hat einfach nicht gestimmt. Das hat der Bürgermeister behauptet und dies auch Dr. Lenzi so mitgeteilt. Keine Ahnung, warum ich nicht direkt kontaktiert wurde. Obwohl ich zugegeben lange, auch krankheitsbedingt, schwer erreichbar war“, erzählt Witzemann. In diesem Zusammenhang übt der 75-Jährige auch scharfe Kritik an seinem ehemaligen Praxis-Kollegen Gasser. „Der hat überall behauptet, ich würde meine Praxis nicht für einen Nachfolger als Kassen-Arzt zur Verfügung stellen. Vielleicht weil Gasser im aks-Vorstand ist, der das geplante Ärztehaus in Höchst forciert und deshalb andere Versorgungsoptionen abblockt?“ Bürgermeister Stefan Übelhör: „Gasser sagte mir stets, Witzemann hätte kein Interesse an der Vermietung seiner Praxis. Vielleicht war’s ein Fehler, Witzemann damals nicht persönlich kontaktiert zu haben. Aber ich habe Gasser geglaubt, und Witzemann war schwer erreichbar.“

Gasser selbst dementiert diese Aussagen. „Ich habe nur immer wieder betont, dass ich in den letzten Monaten meiner Arzttätigkeit keinen Partner mehr in der Praxis wünsche.“
Streit Witzemann – Übelhör
Als für Höchst eine zusätzliche Kassenstelle für einen Allgemeinmediziner ausgeschrieben wurde, erwachte die Kommunikation zwischen Gemeinde und Witzemann im Frühjahr 2024 neu. Es schien, als könne die Praxis doch bald einmal von einem neuen Kassenarzt bezogen werden. Im Juli sah es nach einer bevorstehenden Einigung zwischen Gemeinde sowie aks einerseits und Witzemann andererseits aus, wie ein freundliches Schreiben von Bürgermeister Übelhör an den Praxis-Eigentümer belegt. „Aber wir hatten damals die Vertragsdauer noch nicht besprochen. Zudem wollte Witzemann eine rückwirkende Mietenzahlung bis März des Vorjahres. Das kam für uns nicht in Frage“, sagt Stefan Übelhör. Der Streit zwischen Witzemann und dem Bürgermeister war entbrannt. Und obwohl Witzemann den Mietvertrag später abänderte, herrschte von September 2024 bis zum Jänner 2025 Funkstille zwischen dem pensionierten Allgemeinmediziner und dem aks, der für die Gemeinde Höchst die ärztlichen Versorgungsagenden übernommen hatte.
Kein räumlicher Bedarf?
Anfang Jänner dieses Jahres nahm Witzemann den Kontakt zu aks-Prokurist Martin Berchtold wieder auf und bot die Praxis zu den geänderten Vertragsbedingungen erneut an. Die Antwort darauf kam prompt. „Derzeit haben wir keinen Bedarf an Räumlichkeiten. Sollte sich dieser ändern, können wir gerne wieder in Gespräche eintreten“, setzte es einen unmissverständlichen Korb für Witzemann. Der in Höchst sehnlichst erwünschte Allgemeinmediziner erfüllt seinen Kassenvertrag nun in Dornbirn.

Für den ehemaligen ÖGK Vorarlberg-Obmann und Höchster Gemeindevertreter Manfred Brunner stellt sich die Situation als sehr bedauerlich dar. „Natürlich gibt es ungeachtet des geplanten Ärztehauses und einer Vorgriffs-Kassenstelle für den bald in Pension gehenden Dr. Bussmann einen räumlichen Bedarf. Fehlende Infrastruktur war ja der Hauptgrund dafür, dass die Ausschreibungen für eine Kassenstelle in Höchst stets im Sand verliefen.“

Was übrig bleibt: Viele Höchster müssen nach Fußach zu einem praktischen Arzt, während in der Gemeinde eine voll funktionsfähige Praxis leer steht.