„Angst führt zu falschen Entscheidungen“: Hanno Dönz über seinen Beruf als Bergführer

Seit 38 Jahren ist Hanno Dönz schon Bergführer. Sein Arbeitsplatz sind die Berge, und im Besonderen der Piz Buin.
Schruns Hanno Dönz ist seit 38 Jahren Bergführer. Die Berge sind sein Arbeitsplatz – ob daheim oder in den Westalpen. Doch hoch im Kurs steht vor allem der Piz Buin – sowohl bei den Vorarlbergern als auch bei den Touristen. Zehn- bis 15-mal im Jahr steht er auf dem höchsten Gipfel Vorarlbergs. Privat würde er nicht so oft auf den Piz Buin steigen, doch es ist schließlich sein Beruf.

Die Bergführerausbildung dauert drei Jahre und verlangt den Anwärtern einiges ab. Eine Route im Schwierigkeitsgrad 6c muss im Fels vorgestiegen werden, alpin, also mit Selbstsicherung, sollte man eine 6a klettern können. Zudem muss man sich in felsigem und brüchigem Gelände sowie auf Gletschern sicher fortbewegen können. Gutes Skifahren und Eisklettern sind weitere Disziplinen, die beherrscht werden müssen.

Hanno Dönz ist nicht nur hauptberuflich Bergführer, sondern seit 1996 auch Obmann des Vorarlberger Bergführerverbands und seit 20 Jahren Vizepräsident vom Verband der Österreichischen Berg- und Skiführer. Seit 25 Jahren bildet er Wanderführer aus. Rund 650 Wanderführer stehen 100 Bergführern in Vorarlberg gegenüber.

Er musste schon oft Touren abbrechen – wegen eines Wetterumschwungs oder fehlender Kondition der Teilnehmer. „Das Schlimmste, was man machen kann, ist eine Tour auf Biegen und Brechen durchzuziehen.“ Hanno Dönz ist auch Gerichtssachverständiger für Alpinunfälle. Er erhebt die Fakten und gibt seine Einschätzung ab, ob er in der jeweiligen Situation genauso gehandelt hätte. Die Schuldfrage klärt jedoch der Richter.
Auf der Suche nach Powder
An regnerischen Tagen erledigt er Bürokratie, ansonsten ist er jede freie Minute in den Bergen – im Winter beim Skitourengehen. Auch in einem schneearmen Winter wie heuer findet er Pulverschnee: Auf demselben Hang kann es unterschiedliche Schneeverhältnisse geben. Wenige Meter weiter links oder rechts entscheiden, ob man im Powder oder Bruchharsch fährt. „Das sind Erfahrungswerte“, so Dönz.

Mit 58 Jahren denkt er noch nicht ans Aufhören. „Wenn man irgendwie kann, arbeitet man weiter.“ Er kennt Bergführer, die mit über 70 Jahren noch fast täglich unterwegs sind, denn die Pension für Bergführer ist gering. Hanno Dönz, der bis 2000 als Lehrer und danach zehn Jahre als Hüttenwirt auf der Heinrich-Hüter-Hütte gearbeitet hat, ist erst seit 2012 hauptberuflich Bergführer.

An Wochenenden ist er selten daheim. Privat mit Freunden geht er kaum noch auf Tour. Dafür bleibt ihm keine Zeit. Am liebsten macht er Touren, die er selbst noch nicht gegangen ist. Das Unbekannte reizt ihn. „Man hat gerne Abwechslung“, sagt der Schrunser. „Im Vergleich zu anderen Jobs haben wir es nicht langweilig. Wir haben den schönsten Arbeitsplatz, den es gibt.“ Er ist gerne in den Bergen unterwegs. „Die Bewegung taugt mir, genauso wie die Arbeit mit den Gästen.“

Das Bergsteiger-Gen liegt in der Familie: Sein Vater war ein begnadeter Bergsteiger, sein Bruder ist ebenfalls Bergführer. Er selbst absolvierte mit 19 Jahren die Ausbildung zum Bergführer.
Angst ist am Berg fehl am Platz
Auch als Bergführer ist man nicht unverwundbar. Zwei Wintersaisonen fiel er aus, weil er sich bei Arbeiten rund ums Haus verletzt hatte. In den Bergen hingegen blieb er stets unverletzt. Angst hat er auf seinen Touren nie, jedoch Respekt. „Angst ist ein schlechter Ratgeber und führt zu falschen Entscheidungen“, ist Hanno Dönz überzeugt. „Klar hat man ab und zu auch mal Schiss, wenn man sich zum Beispiel 15 Meter über dem letzten, rostigen Normalhaken im brüchigen Gelände befindet. Dann ist man lieber einmal zu viel als einmal zu wenig vorsichtig.“

Reich wird man als Bergführer nicht. Bei einem Tagessatz von 560 Euro brutto bleiben ihm 220 Euro übrig.
Zur Person
Hanno Dönz
Wohnort: Schruns
Geboren: 2. April 1966
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Hobbys: Basteln, Reisen – wenn nicht in die Berge, dann ans Meer zum Tauchen und Segeln