Vor 50 Jahren: Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde

VN / 18.03.2025 • 13:58 Uhr
Punktgenau geplant legten 819 Sprengladungen, die zeitverzögert innerhalb von 36 Hundertstelsekunden in 18 Zündstufen gezündet wurden, das Bauwerk in Trümmer. STP
Punktgenau geplant legten 819 Sprengladungen, die zeitverzögert innerhalb von 36 Hundertstelsekunden in 18 Zündstufen gezündet wurden, das Bauwerk in Trümmer. peter strauss

Am Josefitag 1975 sprengten Bundesheerpioniere aus Salzburg das alte Bauwerk.

Egg Auf der „ewigen Baustelle“ L 200 läuft nach der Winterpause die vierte und letzte Sanierungsetappe im Bereich Tuppen zwischen Egg und Müselbach, km 15,65 bis km 16,28. Auf diesen 630 Meter langen Abschnitt befinden sich drei Hangbrücken mit Längen von rund 70, 350 bzw. knapp 100 Metern. Seit 2022 wird hier gearbeitet, mehr als 13 Millionen Euro werden in die drei zwischen 1974 und 1979 errichteten Hangbrücken investiert. Das wichtigste Teilstück dieses Bauloses ist in dieser Sanierung nicht enthalten: Die Tuppenbrücke, die beim ehemaligen E-Werk die Bregenzerach überspannt – sie ist im wahrsten Sinne des Wortes die wichtigste Brücke zwischen „dem Land“ und dem Bregenzerwald.

Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde: Die letzten Sekunden der Tuppenbrücke - Sekunden später wurde die Sprengung ausgelöst. In 18 Zündstufen und exakt 0,36 Sekunden wurde das nur 42 Jahre alte Bauwerk zu Bauschutt.
Die letzten Sekunden der Tuppenbrücke – Nur Augenblicke später wurde die Sprengung ausgelöst. In 18 Zündstufen und exakt 0,36 Sekunden wurde das nur 42 Jahre alte Bauwerk zu Bauschutt.

Der große Knall vor 50 Jahren

Tausende Autofahrer passieren Tag für Tag dieses Bauwerk – als Pendler vom Wald ans Land, als Skifahrer in die Wälder Skigebiete oder im Sommer und Herbst als Ausflügler. Die älteren Semester werden sich am Josefitag daran erinnern, dass vor 50 Jahren – am 19. März 1975 – am Ortseingang von Egg ein seltenes Spektakel geboten wurde: Das Pionierbataillon 3 aus Salzburg sprengte in Zusammenarbeit mit heimischen Baufirmen die alte Tuppenbrücke aus dem Jahre 1933. Nach tagelangen Vorbereitungen waren nicht weniger als 819 Bohrlöcher mit insgesamt rund 90 kg Sprengstoff – je nach geplanter Wirkung genau dosiert auf Sprengladungen von 30 bis 300 Gramm – befüllt worden und um 9.16 Uhr gab das Team unter Bataillonskommandant Oberstleutnant List den Befehl zur Zündung.

Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde: Während die Behelfsbücke von Pionieren in Windeseile erstellt wurde, dauerte es mit dem Neubau der Tuppenbrücke - unser Bild von der Baustelle im Winter 1975/76, links die Bailey-Brücke - wesentlich länger. 1976 wurde der Verkehr auf der neuen Brücke freigegeben.
Während die Behelfsbücke von Pionieren in Windeseile erstellt wurde, dauerte es mit dem Neubau der Tuppenbrücke – unser Bild von der Baustelle im Winter 1975/76, links die Bailey-Brücke – wesentlich länger. 1976 wurde der Verkehr auf der neuen Brücke freigegeben.

18 Zündstufen – 0,36 Sekunden

Schaulustige, die sich an diesem verschneiten Spätwintertag in sicherer Entfernung eingefunden hatten, erlebten eine perfekte Maßarbeit, denn bei der Sprengung ging es nicht darum, das Bauwerk einfach „in die Luft zu jagen“. Vielmehr wurde die Sprengung so dosiert, dass umliegende Bauwerke wie das alte Egger E-Werk, die Trasse der Wälderbahn und vor allem die Pfeiler für die Behelfsbrücke nicht beschädigt werden.

Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde: Die Tuppenbrücke vom Radweg – frühere Bähnletrasse – aus gesehen.
Die Tuppenbrücke vom Radweg – frühere Bähnletrasse – aus gesehen.

Dies wurde mit einem ausgeklügelten Sprengplan bewerkstelligt: Binnen 0,36 Sekunden wurden 18 Zündstufen gezündet und als sich die Sprengwolke verzogen hatte, konnte Bundesheer-Sprengexperte Oberleutnant Panuschka, der den Sprengplan ausgearbeitet hatte, stolz vermelden, dass die Sprengung nach Plan verlaufen ist und keines der umliegenden Objekte beschädigt wurde und gleichzeitig das alte Bauwerk zu Bauschutt gesprengt hatte.

Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde: Brückenbaustelle rund ein Jahr nach der Sprengung. Im Bild links unten ist noch die Druckleitung zum längst stillgelegten Egger E-Werk erkennbar.
Brückenbaustelle rund ein Jahr nach der Sprengung. Im Bild links unten ist noch die Druckleitung zum längst stillgelegten Egger E-Werk erkennbar.

Bailey-Brücke aus Kärnten

Unversehrtheit war vor allem bei den Brückenpfeilern für die Behelfsbrücke. Während die Bauarbeiter unverzüglich an die Arbeit gingen, um den Bauschutt aus dem Flussbett zu räumen, begannen die Pioniere mit der Installation der sogenannten Bailey-Brücke, die von der Kärtner Landesregierung bereitgestellt wurde. Eine Bailey-Brücke ist eine aus vormontierten Einzelbauteilen wie Fachwerkträgern und Fahrbahnbalken zusammensetzbare Kriegs-, Not- oder Behelfsbrücke, deren Tragkraft ausreicht, selbst Panzer zu tragen.

Als die Tuppenbrücke zu Bauschutt wurde: Ausschnitt aus der VN-Reportage in der Ausgabe vom 20. März 1975.
Ausschnitt aus der VN-Reportage in der Ausgabe vom 20. März 1975.

Die Pioniere – Großteils Präsenzdiener – leisteten ganze Arbeit – keine zwei Stunden nach der Sprengung war bereits der erste Stützpfeiler erreicht und am darauffolgenden Tag war die Arbeit getan, der Verkehr rollte auf der Bailey-Brücke und das Pionierbataillon aus Salzburg konnte in die Kaserne einrücken.

Auf Fundamenten von 1845

Hilfreich beim Bau der Bailey-Brücke war der Umstand, dass sie dort errichtet werden konnte, wo 1845 die erste Tuppenbrücke errichtet worden war. Diese Brücke tat ihren Dienst bis 1933, damals wurde daneben die 1975 gesprengte Brücke errichtet und das alte Bauwerk abgetragen. STP