Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Streiflicht: Probesitzen

VN / 08.04.2025 • 09:29 Uhr

Die Bank steht so einladend an der Promenade. Sonnenstrahlen bringen den See zum Glitzern. Möwen tanzen auf den Wellen. Der Wind lässt nach, und es wird heimelig warm. Man setzt sich. An einem gewöhnlichen Werktag. Nur versprengte Urlauber schlendern vorüber, junge Mütter haben ihre Kleinen gut eingepackt, und Pensionisten genießen den Tag. Bald zählt man selbst dazu. Warum nicht schon mal Probesitzen?

In den Büros linsen sie jetzt nach der Uhr, die Werkshallen erzittern vom Schichtwechsel. Man selbst sitzt auf der Bank. Im Sonnenschein. Zwei Möwen auf dem Geländer schielen herüber: „Ah, ein Neuzugang?“ Hat aber nichts zu fressen dabei. Ist wohl noch in Ausbildung. Weg sind sie.

Ein Zeitungsfetzen titelt mit „Der Sinn meines Lebens…“, aber der Wind hat den Rest verweht. Ein streunender Hund ist seinem schnaufenden Herrschen entfleucht und erledigt sein Geschäft freundlicherweise andernorts. Ein leerer Eisbecher liegt neben dem Mülleimer. So ist es also auf der Parkbank am Werktagsnachmittag. Beim Aufstehen fällt der Blick auf den eingeritzten Satz „Paul was here.“ Man würde gerne „me too“ darunter ritzen. Aber es war ja nur probehalber: Halbpension, gewissermaßen.