„Die Politik holt den Rasenmäher raus“ – AK legt Standort-Rating mit deutlicher Kritik vor

Vorarlberg glänzt mit Spitzenwerten bei Produktivität und Einkommen – doch ein Blick hinter die Zahlen offenbart deutliche Ungleichgewichte.
Darum geht’s:
- Standort-Rating 2025 betont Ungleichheit der Verteilung in Vorarlberg.
- Frauen bleiben trotz Mehrarbeit stärker armutsgefährdet.
- AK fordert Maßnahmen für Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit.
Feldkirch Die Arbeiterkammer Vorarlberg (AK) hat heute ihr aktuelles Standort-Rating präsentiert. Im Zentrum der Analyse: die Gleichstellung von Frauen und Männern – und die Frage, wie gerecht der wirtschaftliche Erfolg in Vorarlberg verteilt ist. Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Obwohl Vorarlberg bei Produktivität, Bruttoregionalprodukt und mittleren Einkommen im Spitzenfeld liegt, bleibt vielen Arbeitnehmern am Ende wenig davon.

Kritik an Sparmaßnahmen
„Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten braucht es Weitsicht und soziale Gerechtigkeit“, sagte AK-Präsident Bernhard Heinzle bei der Pressekonferenz. Es gehe nicht, dass in der Krise hauptsächlich bei jenen gespart werde, „die ohnehin keine gute Lobby haben“. Heinzle kritisierte damit die derzeitige Vorgehensweise der Politik scharf: „Die Politik holt einen Rasenmäher raus und fährt mal ordentlich darüber. Ohne gemessen zu haben, ohne evaluiert und ohne diskutiert zu haben.“ Gemeint ist damit die derzeitige Praxis, quer durch alle Bereiche pauschale Budgetkürzungen vorzunehmen, ohne zuvor die Folgen ausreichend zu prüfen. Mit dem Standort-Rating wolle man dem etwas entgegensetzen – nämlich datenbasierte Analysen, die politische Entscheidungen besser leiten könnten.

Vorarlberger bundesweite Verlierer
Besonders deutlich werde die Schieflage bei der sogenannten “Brutto-Lohnquote” – also dem Anteil des erwirtschafteten Erfolgs, der bei den Arbeitnehmern landet.„Wir haben in Vorarlberg die höchste Stundenproduktivität in Österreich, aber den geringsten Anteil am wirtschaftlichen Erfolg“, erklärte AK-Ökonom Dominic Götz. Die “Brutto-Lohnquote” liegt in Vorarlberg bei nur 41,4 Prozent (Stand 2022) – der niedrigste Wert im Bundesländervergleich. „Von einem erwirtschafteten Euro bleibt den Vorarlberger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bundesweit am wenigsten“, so Götz. Die Einkommensschere zwischen Top- und Geringverdienenden ist in Vorarlberg österreichweit ebenfalls die größte.

Frauen besonders armutsgefährdet
Ein weiterer Fokus des Berichts liegt auf der Rolle der unbezahlten Arbeit. Die Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria zeigt: Frauen arbeiten mehr als Männer, wenn Erwerbs- und unbezahlte Arbeit zusammengerechnet werden. In Vorarlberg sind es im Schnitt 6,33 Stunden täglich bei Frauen gegenüber 5,78 Stunden bei Männern – gemessen über alle Wochentage, also inklusive Samstag und Sonntag. Trotzdem sind Frauen, insbesondere im Alter, häufiger armutsgefährdet.

AK fordert klare Maßnahmen
„Der Wohlstand ist in Vorarlberg hoch und die Frage ist, wer die Steuerlast in Zukunft trägt. Das benötigt viele Schultern. Es gibt breite und schmälere Schultern”, betonte Heinzle und fügte hinzu: “Jetzt stellen wir fest, die Politik legt die Belastung noch mehr auf die sozial Schwächeren, also auf die schmäleren Schultern. Das ist keine Gleichstellung.”

Die AK fordert konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Verteilung: einen regelmäßigen Gleichstellungsbericht, Investitionen in die Elementarpädagogik, Reformen bei der Elternkarenz, mehr Lohntransparenz, faire Steuerverteilung und die Förderung von leistbarem Wohnen. Heinzle betonte: „Echte Zukunftsfähigkeit bedeutet, in soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung zu investieren. Das ist kein Kostenfaktor, sondern ein Gewinn für uns alle.“