Rekordstrafe für Neonazi: “Bin ein echter Deutscher, gefangen in Österreich!”

Propagandistische Hetze auf YouTube: So hoch ist die Haftstrafe für einen 49-Jährigen wegen nationalistischer Wiederbetätigung.
Feldkirch Der Angeklagte wurde in Hamburg geboren, als Sohn eines türkischen Staatsbürgers und einer Österreicherin. Er selbst ist österreichischer Staatsbürger. „Aber nur auf dem Papier“, betont er bei seiner Verhandlung vor Geschworenen am Landesgericht Feldkirch in akzentfreiem Hochdeutsch. Er selbst versteht sich als „echten Deutschen, nicht als Mischling“ und „gefangen in Österreich“. Als es ihn nach Vorarlberg verschlug, wollte er wenigstens in der Nähe von Lindau leben.
Kriminelle Vergangenheit
Der 49-Jährige blickt auf eine triste kriminelle Vergangenheit zurück. Wenn er Obdach hatte, dann meist hinter Gittern. Wegen unzähliger Straftaten. Das unrühmliche Repertoire reicht von Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung bis hin zur Volksverhetzung. Wegen letzterem sitzt er wieder vor Gericht. Hauptanklage: Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung.

Hetze auf YouTube
Staatsanwältin Konstanze Manharts Eingangsvortrag gegenüber den Geschworenen nimmt beinahe kein Ende. „Der Beschuldigte hat sehr viel Energie in seinen Tätigkeiten verwendet“, sagt sie. Unter diesen „Tätigkeiten“ war das Betreiben mehrerer YouTube-Kanäle, in denen er durch die Veröffentlichung von Rechtsrockmusik, deren Betitelung, visuelle Gestaltung, Beschreibungen und Kommentare unter Verwendung von nationalsozialistischer Diktion und Bildsprache nationalsozialistischer Zielsetzungen und Leitbilder verherrlicht und angepriesen haben soll. „Außerdem erstellte und lagerte er Manifeste sowie Flugblätter mit nationalsozialistischen Inhalten für propagandistische Zwecke“, so die Anklägerin weiter.
“Missverstanden”
Seine verbotenen digitalen Pamphlete (er soll nicht weniger als 40.000 Follower gehabt haben) hatte er unter anderem mit den Slogans „Eva Maria Braun“ oder „AWDB“ (Adolf war der Beste) betitelt. Das moderne Deutschland – BRD – heißt für ihn ausgesprochen „Besatzer, Raub und Diktatur“.
Vor Gericht bestreitet der Angeklagte (fast) alles. Er fühle sich missverstanden, sagt er. Auf die Frage von Richter Dietmar Nußbaumer, ob er sich im Sinne der Anklage für schuldig bekenne, findet er die kryptische Antwort: „Ich bekenne mich schuldig für das, was ich geschrieben habe. Aber nicht in der Intention, die mir hier vorgeworfen wird. Ich sehe das nur mit anderen Augen und anderem Herzen.“
“Man hätte mich gefördert”
Sicherlich sei von Hitler und vom Nationalsozialismus vieles gemacht worden, das nicht in Ordnung war. „Doch es hat schließlich auch Gründe für das Geschehene gegeben“, versucht der „in Österreich Gefangene“ zu bagatellisieren. „Mich hätte man damals jedenfalls als Deutschen behandelt. Ich wäre nicht arbeitslos, ich hätte nicht in den Knast müssen und man hätte meine Talente gefördert.“
Sein Verteidiger Yücel Yildirim bemüht sich für seinen Mandanten. Er fordert ihn auf, sich für seine Aussagen vor den Geschworenen zu entschuldigen. Doch der 49-Jährige entgegnet schlicht: „Nein, wofür denn auch?“
Zehn Jahre Haftstrafe
Der Geschworenensenat befindet den Angeklagten im Sinne der Anklagen für schuldig. Der 49-Jährige wird zu zehn Jahren Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.