Abbruch mit Feingefühl: Carlos Gratt mit seinem 50-Tonnen-Bagger im Einsatz

Carlos Gratt steuert den größten Bagger der Firma Kessler – und muss dabei mit viel Feingefühl vorgehen, wie er bei den Abbrucharbeiten der Firma Bertsch in Nüziders verdeutlicht.
Nüziders Knapp 50 Tonnen schwer ist sein Arbeitsgerät: Carlos Gratt, seit 13 Jahren bei der Firma Kessler bewegt’s angestellt, sitzt am Steuer des Abbruchbaggers – das größte Gefährt im Fuhrpark des Unternehmens. Nachdem er beim Abbruch der Löcherwaldgalerie im Einsatz war, arbeitet er nun auf dem Gelände der ehemaligen Firma Bertsch in Nüziders, die dem Erdboden gleichgemacht wird.


Wobei: Die Lagerhalle wird wieder aufgebaut. Kessler nutzt Bauteile wie Säulen, Träger, den Kran und das Dach, um diese auf dem eigenen Firmengelände wieder aufzubauen. Denn eine Wiederverwendung spart im Vergleich zu einem Neubau viel Geld. „Die Halle ist noch in einem guten Zustand“, sagt Carlos Gratt. Der Abriss ist daher besonders herausfordernd: Die Bauteile dürfen nicht beschädigt werden. „Da muss man schon mit dem Kopf arbeiten“, meint Carlos Gratt, der halb Brasilianer, halb Tiroler ist. Er wuchs in Brasilien auf, bevor seine Eltern nach Österreich auswanderten.


Vor 33 Jahren zog Carlos Gratt nach Vorarlberg. Hier absolvierte er eine Ausbildung im Hochbau und als Estrichleger. Die Begeisterung für Baustellen hat er von seinem Vater, einem Polier. „Alles, was ich weiß, habe ich von meinem Papa beigebracht bekommen.“


Gefahr ist nicht zu unterschätzen
48 Tonnen bewegt Carlos Gratt – mit Socken, ohne Schuhe. „Damit es da drin sauber bleibt“, erklärt er. Seine Schuhe stellt er fein säuberlich neben seinem Sitz auf einer Plastikunterlage ab. Je nach Zubehör bringt der Bagger sogar 50 Tonnen auf die Waage. „Das ist schon lässig“, sagt der 52-Jährige über sein Arbeitsgerät. Doch man dürfe die Gefahr nicht unterschätzen, vor allem wenn er große Teile wie das Dach über sich abreißt. Dann müsse er aufpassen, dass keine Teile auf ihn herabfallen. Eine Frontscheibe aus Panzerglas und ein Schutzgitter geben Sicherheit. Wie wichtig ein bruchsicheres Glas ist, wird deutlich, als er auf einen kreisrunden Einschlag zeigt. Beim Abriss des Dachs flog eine große Schraube gegen die Frontscheibe, die dem Aufprall standhielt.


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Gefährlich wird es auch im unwegsamen Gelände – wie zuletzt bei der Löcherwaldgalerie auf der Arlbergstrecke. Die Baustraße war schmal und steil. „Auf der einen Seite geht’s runter, auf der anderen geht’s hoch.“ Dort dürfe man keine falsche Bewegung machen und nicht schräg stehen, da die Maschine sonst zur Seite kippen könnte. „Doch man gewöhnt sich dran“, sagt Carlos Gratt. Manchmal befürchtet er beim Fahren, dass der Untergrund dem tonnenschweren Gewicht nachgibt. „Da fehlt mir manchmal das Vertrauen.“


Angefangen hat er mit einem uralten Pel-Job, der gerade einmal 1,5 Tonnen wog. Dass er bei Kessler den schwersten und größten Bagger fährt, habe sich so ergeben. „Irgendwann habe ich einen größeren Bagger bekommen, obwohl ich gar keinen wollte. Jetzt will ich keinen anderen mehr“, erzählt Gratt.


Der Regen auf der Baustelle macht ihm nichts aus, denn er sitzt trocken in der Fahrerkabine. Die Kollegen draußen tun ihm aber leid. Immerhin sei es durch den Regen nicht staubtrocken, und man müsse kein zusätzliches Wasser spritzen. Denn eine Staubwolke sei auch für die Nachbarn unangenehm.


Je enger, desto anspruchsvoller
Angenehm sind die wenigsten Baustellen. Beim Abriss der Bertsch-Halle muss der Baggerfahrer sein ganzes Können unter Beweis stellen. Die Arbeit ist teilweise sehr filigran: Mit der riesigen Schaufel hebt Gratt dünne Einzelteile wie eine Stahlschiene auf und platziert sie an anderer Stelle – ohne sie zu beschädigen. Je enger die Baustelle, desto anspruchsvoller wird es. Uwes Bierbar in Bregenz war so ein Fall: „Da musste ich rückwärts in die Straße reinfahren. Da war die Straße, da die Fußgänger – und ich hatte nur einen kleinen Korridor zum Arbeiten“, sagt er. Wichtig sei auch, stets den Überblick zu behalten. „Man muss auf die Leute schauen“, sagt er. Lange bleibt er nie auf einer Baustelle. Er wird schon in Dornbirn erwartet.


