Steinebach – Vom Rattern der Webstühle zur Zukunftswerkstatt

VN / 16.07.2025 • 14:53 Uhr
Das Firmengelände Steinebach um 1900. Foto: Stadtarchiv Dornbirn
Das Firmengelände Steinebach um 1900. Stadtarchiv

Ein Dornbirner Standort mit reicher Industriegeschichte.

Dornbirn Wer heute durch das Steinebach-Areal in Dornbirn spaziert, kann sich kaum vorstellen, dass hier einst das industrielle Herz Vorarlbergs schlug. Um 1900 dampften Fabrikschlote, ragten Trockentürme in den Himmel, und Hallen hallten vom gleichmäßigen Rattern der Maschinen wider. Nur die Bergsilhouette im Hintergrund verriet: Dies ist nicht England, sondern Dornbirn. Der Ursprung liegt im Jahr 1828, als Joseph Andreas Hilbe und Xaver Rüf das Glöckelehus als Nadelfabrik errichteten. Bald darauf beantragten sie ein Triebwerk zur Nutzung der Wasserkraft des Steinebachs. 1846 übernahm der aufstrebende Textilunternehmer Franz Martin Hämmerle das kleine Anwesen – und baute es rasch zu einem bedeutenden Industriebetrieb aus. Eine Färberei, Bleicherei, Appretur und Perrotine-Druckerei entstanden.

Steinebach – Vom Rattern der Webstühle zur Zukunftswerkstatt: Dornbirn-Steinebach 2013: Ein Ort mit Geschichte. Und Zukunft. Foto: Böhringer
Dornbirn-Steinebach 2013: Ein Ort mit Geschichte und Zukunft. Böhringer

Eigene Spinnerei

1851 folgte ein fünfgeschossiges Zettelereigebäude, angetrieben durch ein großes Wasserrad. 1852 kam ein Querbau für die Weberei hinzu, der ab 1854 als mechanische Weberei genutzt wurde. Bereits 1855 ließ Hämmerle einen Heiz- und Trockenturm errichten. 1857 investierte er in die erste Wasserturbine, gefertigt in den Dornbirner Rüsch-Werken – ein bedeutender Schritt in Richtung energieeffizienter Produktion. Bald darauf ergänzte eine Dampfmaschine das Energiesystem. Mit der Errichtung einer firmeneigenen Spinnerei im Gütle konnte ab den 1860er-Jahren die gesamte Baumwollverarbeitung intern durchgeführt werden. Um 1870 arbeiteten rund 700 Menschen am Standort – eine beeindruckende Zahl für die damalige Zeit. Die Anlage wurde stetig erweitert. 1877 wurde die betriebseigene Schlosserei um zwei Stockwerke aufgestockt, dazu kamen eine Garn-Trocknerei sowie ein Spritzenhaus zur Brandbekämpfung. 1879 errichtete man eine Verbindungstransmission über die Straße, um Wasser- und Dampfkraft zu koppeln – ein Meilenstein der Energievernetzung. Ein Wasserreservoir am Steinebach mit Leitung zum Standort Fischbach wurde angelegt. 1897 folgte eine neue Garnbleicherei am Druckturm. Die Bauakten dokumentieren bis 1907 fast jährlich Erweiterungen – bis Fläche und Energie schließlich an ihre Grenzen stießen.

[Dornbirn - Steinebach]
Das Steinebach-Areal aus der Vogelperspektive. Vlbg. Landesregierung

Markantes Verwaltungsgebäude

1939 wurde das markante Verwaltungsgebäude nach Plänen des Architekten Hugo Schlosser errichtet. Ein Bauakt aus 1942 über ein Barackenlager erinnert an das dunkelste Kapitel der Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Areal zunehmend ungeeignet für moderne Abläufe. Ab den 1950er-Jahren verlagerte F. M. Hämmerle Produktionsbereiche schrittweise ins neuere Areal Fischbach. Die Musterwebereien blieben bis 1983, die Garnfärberei war sogar bis 2008 in Betrieb. Heute sind die Schornsteine und Trockentürme verschwunden. Doch die Vergangenheit lebt fort – in den Wegen, Mauern und Geschichten. Was einst ein Ort harter Arbeit war, ist heute ein Platz für Innovation. Unternehmen aus Kreativwirtschaft, Technik und Design beleben das Gelände neu. Steinebach ist ein Ort geworden, an dem Geschichte und Zukunft aufeinandertreffen – mit Respekt für das Gestern und Offenheit für das Morgen. MEC