„Das hat es nicht einmal im Austrofaschismus gegeben“ – ÖGK-Obmann kritisiert die Kassenreform

Politik / 18.07.2025 • 16:46 Uhr
„Das hat es nicht einmal im Austrofaschismus gegeben“ – ÖGK-Obmann kritisiert die Kassenreform
Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Andreas Huss will für mehr Solidarität im Gesundheitssystem kämpfen. VN/Grundner; APA

Wachsende Privatkosten und die Erwartung eines noch nie dagewesenen Defizits sind für Andreas Huss alarmierend.

Von Katja Grundner

Dornbirn Laut Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), war die 2020 umgesetzte Kassenreform politisch motiviert. Sie sei darauf ausgerichtet gewesen, den Arbeitgebern mehr Macht in der ÖGK zu verschaffen – auf Kosten der Versicherten, wie er am Freitag bei einer Pressekonferenz in Dornbirn erklärte. Zwar habe das aktuelle Modell auch positive Seiten, doch mangele es an regionalen Entscheidungsspielräumen. Dieselbe Kritik äußerte auch der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) im Zuge der von ihm angestoßenen Debatte über eine „Reform der Reform“.

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900 Millionen Euro Defizit erwartet

Huss zufolge hatten die Arbeitnehmer bis zum Jahr 2020 eine Art Eigentümerrolle bei den Krankenkassen eingenommen. „Mit dem Putsch hat man entschieden, dass man nun die Dienstgeber mehrheitlich entscheiden lassen will, was mit dem Geld passiert. Das hat es nicht einmal im Austrofaschismus gegeben“, kritisiert er.

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AK-Vizepräsidentin Manuela Auer und Andreas Huss bei der Pressekonferenz in Dornbirn. VN/Grundner

Laut ihm sei es ein falscher Ansatz gewesen und durch die Zahlen belegbar: Ohne Gegensteuerung wird für dieses Jahr mit einem noch nie dagewesenen Defizit von 900 Millionen Euro gerechnet.

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Generaldirektor der ÖGK Bernhard Wurzer verteidigt die Kassenfusion, indem er unter anderem auf die Corona-Pandemie aufmerksam macht, die drei Monate nach der ÖGK-Gründung massive Anforderungen an das System stellte. Herausforderungen könnten nur einheitlich bewältigt werden.

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Auch positive Aspekte

Eine neuerlich drastische Umstellung sei finanziell kaum realistisch. Auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach sich mittlerweile gegen eine grundsätzliche Rückabwicklung der Kassenreform aus. Laut Huss bringe das neue Modell durchaus positive Aspekte mit sich – etwa einheitliche Leistungen in vielen Bereichen und eine gemeinsame Stimme gegenüber der Bundespolitik. Doch die regionalen Entscheidungskompetenzen müssten gestärkt werden.  In den Bundesländern fehle es mittlerweile an Ansprechpartnern mit echter Entscheidungskompetenz. Auch für Markus Wallner (ÖVP) braucht die Kasse mehr Spielräume.

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Vorarlberg als Vorbild

Vorarlberg sei in vielen Bereichen beispielgebend. Unter anderem habe man hier ein Darmkrebs-Screening eingeführt, das zum österreichweiten Standard geworden sei. Auch den aks – einzigartig in Österreich – lobte Huss: „Ich würde mir das in jedem Bundesland wünschen.“ Dieser Verein wirkt für die ÖGK unterstützend beim Ausbau der Gesundheitsversorgung – etwa im Bereich von Kinderambulanzen und Rehabilitationsangeboten. „Das Ganze könnte aber noch besser funktionieren, wenn es hier in der ÖGK entsprechende Entscheidungskompetenzen gäbe.“  

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(VN)