Geschichtshäppchen für unterwegs: Neues Theaterstück von teatro caprile feiert Premiere

VN / 18.07.2025 • 13:48 Uhr
teatro caprile, Theaterwanderung, "Grenzerfahrungen am Zauberberg"
Die neue Theaterwanderung “Grenzerfahrungen am Zauberberg” von teatro caprile feierte am Donnerstag ihre Premiere. Bilder: VN/JUN

Die neue Theaterwanderung von teatro caprile beleuchtet Gargellens Geschichte in 16 Szenen – vom Nationalsozialismus bis zum Bergtourismus.

Gargellen „Grenzerfahrungen am Zauberberg“ heißt das neue Stück von teatro caprile, das während des Sommers in Gargellen aufgeführt wird. Am Donnerstag fand die Premiere mit geladenen Gästen statt. Wanderführerin Margit Ganahl begleitete die Gruppe zu 14 Stationen, an denen sechs Schauspieler 16 verschiedene Szenen aus der Zeitgeschichte Gargellens spielten.

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Die Schauspieler Boris Hanreich, Katharina Grabher, Roland Etlinger, Andreas Kosek und Ruth Grabher (v. l.) zusammen mit Gastgeber Niklas Bösch von der Barga Pizzeria (2. v. l.).

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Zehn Jahre lang zeigte teatro caprile das Stück „Auf der Flucht“. Nun wurde es Zeit für etwas Neues. „Grenzerfahrungen am Zauberberg“ ist kürzer und hat weniger Höhenmeter, wodurch es auch für weniger fitte Berggänger geeignet ist. Der Rundweg führt etwas oberhalb von Gargellen durch den Wald, teilweise entlang des Gargellner Fensterweges, und mündet bei der Pizzeria Barga.

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Der Gitzistee: Das ist die letzte Kulisse des Theaterstücks.
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Die Schauspieler wechseln in unterschiedliche Rollen. Auf der Bank haben Roland und Katharina selbst geschriebene Gedichte vom Schrunser Mundartdichter Otto Borger vorgetragen.

In den 16 Szenen geht es um die Entstehung Gargellens zur Urlaubsdestination, um illegale Grenzübertritte in die Schweiz, um Nationalsozialismus und Krieg sowie um das Überwinden eigener Grenzen beim Bergsteigen. Die Szenen sind in sich geschlossen und beleuchten unterschiedliche Zeitepochen der Gargellner Geschichte. Die Schauspieler Ruth und Katharina Grabher, Andreas Kosek, Roland Etlinger, Boris Hanreich und Ildikó Eszter Frank wechseln dabei ständig ihre Rollen.

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Und immer wieder: Grenzübertritte an der Schweizer Grenze. Ein belgischer Deserteur wird gefasst.
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Die letzte Szene: Analog wird digital. Ein Pärchen will auf das Schlappiner Joch. Sie weiß, wo es lang geht, denn schließlich hat sie die Wanderkarte mit dabei. Er folgt Google Maps – und wird in die Irrre geleitet.

Von der Idee zur Umsetzung

Der Wiener Andreas Kosek ist für Text und Regie verantwortlich. Er lernte Katharina und Ruth Grabher beim Aktzeichnen kennen. Seit 1993 arbeiten sie zusammen. Die Idee zur Theaterwanderung entstand jedoch erst durch Roland Haas, den sie ebenfalls bei einem Aktzeichenkurs trafen. Der damalige Direktor der Montafoner Museen, Michael Kasper, gab den Anstoß, ein Stück über Grenzüberschreitungen und Fluchten in Gargellen zu entwickeln. Im selben Jahr erschien das Buch „Grenzüberschreitungen. Von Schmugglern, Schleppern, Flüchtlingen von Edith Hessenberger – Koseks Grundlage für die Theaterwanderung.

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Schauplatz war auch der Garten des Hotels Heimspitze.
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Der Wiener Andreas Kosek ist für Regie und Texte verantwortlich.

Kosek hat Theaterwissenschaften studiert und interessiert sich stark für Geschichte. Manche historischen Gegebenheiten waren ihm bekannt, andere neu. In der NS-Zeit wurden einige Menschen an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz, am Schlappiner Joch, verhaftet. Solche Grenzszenen greift Kosek im neuen Stück auf. Darüber hinaus las er Zeitzeugenberichte und durchforstete alte Ausgaben des Bludenzer Anzeigers sowie Fremdenbücher. Auch die Rucksacklesung, die teatro caprile ebenfalls anbietet, war dabei hilfreich. „Über Jahre hinweg habe ich Infos zusammengetragen“, sagt Kosek. Mit der Rucksacklesung hatte er „einen großen Köcher“ an Informationen. „Ich kann mich da schon hineinvertiefen“, meint er.

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Gestartet wurde die Theaterwanderung beim Hotel Madrisa, wo mehrere Szenen gespielt werden.
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Die Zuschauer sind am Geschehen nah dran. Bis zu 50 Gäste können an der Theaterwanderung teilnehmen.

Anschließend sah er sich die Gegend rund um Gargellen genau an: Welche Szene lässt sich wo spielen? „Die Gämsen auf dem Gitzistee mussten einfach sein“, sagt er. Auch die künstlerisch angehauchte Szene in der Wasserrinne findet er „spektakulär“. Im Lauf des Stücks wechseln die Schauspieler immer wieder Sprache und Dialekt – eine Herausforderung. Da die Ensemblemitglieder an verschiedenen Orten leben, gestalteten sich die Proben schwierig. „Wir hatten spärliche Online-Proben, die man sich auch hätte sparen können.“ Richtig geprobt wurde erst Anfang Juli.

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Manche Szenen waren künstlerisch angehaucht, so wie diese hier, bei der es um den Ersten Weltkrieg ging.
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Die Ungarin Ildikó Eszter Frank trug ein Gedicht des ungarischen Autors Lórinc Szabó vor. Im Gedicht geht es darum, dass der Mensch Trost in der Natur findet.

Die Natur so nehmen, wie sie kommt

Katharina Grabher ist seit Beginn dabei. Sie schätzt an der Theaterwanderung, dass sie „ganz unmittelbar mit dem Publikum interagieren kann“. Herausfordernd sei, „dass man mit der Natur so spielen muss, wie sie da ist“. Äußere Einflüsse müsse man als Schauspielerin sofort in die Rolle integrieren. Auf Regen, Sonne und Wind müsse man spontan reagieren können. In einer Szene weint sie ins Handy – wegen der Stille. Doch still war es an diesem Tag nicht, denn direkt unter ihr fuhr ein Traktor. „Dann muss man das einfach benennen“, sagt sie. Draußen in der Natur sei man schauspielerisch stärker gefordert als auf einer Bühne.

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Zwischen den einzelnen Szenen gibt es längere Wanderpassagen.
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Wieder ein Grenzübertritt: Zwei Niederösterreicher, mutmaßlich Kommunisten, wollen in Spanien die republikanischen Garden gegen den nationalistischen Putschisten Franco unterstützen.

Zum Schauspiel kam sie erst im Erwachsenenalter. Früher war Katharina Grabher in der außerschulischen Jugendarbeit tätig. Dort wünschten sich die Kinder, Theater zu spielen. Da die Frastanzerin bis dahin mit Schauspiel nichts zu tun hatte, wollte sie es lernen – und studierte Schauspiel. Ihre Schwester Ruth Grabher absolvierte eine Tanzausbildung und ist für die Choreografie verantwortlich.

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Das Hotel Madrisa wurde zum Sanatorium Schatzalp: Hier lag Hans Castorp, der nach einigen Kurtagen krank wurde. Oberin von Mylendonck kümmerte sich um ihn.
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Dieser große Fels im Wald eignet sich gut für den nächsten Schauplatz. Hier wurde die Schmugglerei thematisiert.

Aufführungstermine 2025

  • 18./19./20. Juli
  • 22./23./24. August
  • 29./30./31. August

Weitere Infos unter: https://www.montafon.at/de/Veranstaltungskalender/Theaterwanderung-Infoseite

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So fängt die Theaterwanderung an: mit einem Prolog vor der Kirche.
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Ein Hochstaplerpärchen, das die Zeche geprellt hatte, wollte mit Abendkleid, Anzug und wenig bergtauglichen Schuhen über den Sarotlapass ins Ausland fliehen. Ein Grenzwächter bekam dies mit und überführte die beiden.
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Im Sanatorium Schatzalp. Dr. Behrens hat sich auf Lungenkrankheiten spezialisiert.
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Der Komponist Ernst Krenek und die ehemalige Alpinistin Elsa Kuffner treffen sich zufällig und trinken einen Tee miteinander.