Vom Saulus zum Paulus

Zuweilen lohnt der Blick zurück, um nicht die nötige Demut zu verlieren, um geerdet zu bleiben. Euphorie ist schön, ist berechtigt und darf in der Fan-Landschaft grassieren. Intern jedoch stehen nicht nur das Betreuerteam rund um Chef Fabio Ingolitsch oder die Spieler für gesunden Realismus. Den Moment feiern, ja, ob der Tabellenführung abheben, nein.
Wie bereits erwähnt, ist der Rückblick im Fall des SCR Altach durchaus spannend. Sind doch gerade einmal 191 Tage vergangen, als die Schlagzeilen rund um den Vorarlberger Fußball-Bundesligaclub gänzlich anders lauteten. Von einer “sportlichen Baustelle” war an selbiger Stelle zu lesen, “ohne Aussicht auf ein Fertigstell-Datum”. Der Gegner damals, wie am kommenden Sonntag, der GAK. Die Ausgangslage jedoch war eine völlig andere: Es war Spiel Nummer eins nach der Winterpause, Altach mit zehn Punkten nach 16 Spieltagen Schlusslicht, die Grazer (12) Vorletzter. Das Spiel wurde mit 1:2 verloren, auf den Rängen herrschte Untergangsstimmung – und nun?
Gleich sechs Spieler von damals standen auch in der Startelf gegen Rapid. Der Spirit jedoch ist ein völlig anderer, das Selbstvertrauen ist zurück, die Stabilität und die an den Tag gelegte Leidenschaft der Mannschaft auf und abseits des Platzes machen richtig Lust darauf, dies auch in Stadion-Atmosphäre zu genießen.
Was jedoch sind die Gründe für diese Wandlung? Sie sind mannigfaltig, sie sind sicherlich auch das Zeugnis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Konzentration auf das Wesentliche. Ein Beispiel dafür ist die Aussage von Sportchef Philipp Netzer. Bei “Talk&Tore” nach jener Situation befragt, als Yann Massombo nach einem Rempler von Sangare im Strafraum zu Fall kommt, blieb die Antwort des 39-Jährigen sachlich nüchtern. Aus seiner Sicht sei es kein Elferfoul gewesen, urteilte Netzer. Doch jener von Rapid sei klar gewesen.
All dies, das Auftreten der Mannschaft, die Arbeit des Trainerstabs sowie die Worte des Sportchefs, zeugt von wohltuendem Realismus. Heißt: Das Momentum genießen, ohne in Naivität zu verfallen. Denn vor 191 Tagen war die Welt des SCR Altach eine völlig andere.