Was aussieht wie eine Pflanze, ist in Wahrheit ein Haustier

Zwei Lustenauer Volksschüler halten sich besondere Insekten im Terrarium.
Lustenau Beim Blick in das Terrarium von Jonah Gabriel (8) ist Aufmerksamkeit gefragt: Zwischen den grünen Brombeerzweigen verbirgt sich ein ebenso grünes Tier: das Wandelnde Blatt. Zilly, wie das prächtige Insekt heißt, ist etwa elf Monate alt und stammt ursprünglich aus dem Biologiesaal der Schule seines großen Bruders. Er hat es geschenkt bekommen und voller Stolz mit nach Hause gebracht. Nun gibt es Nachwuchs: Aus den zahlreichen braunen Eiern, die Zilly täglich legt, sind rund 50 kleine „Baby-Blätter“ geschlüpft. Die Freude ist groß bei Jonah, seinem Bruder und der ganzen Familie, die sich mit Begeisterung um die exotischen Tiere kümmern, die zu den Gespenstschrecken zählen.

Meister der Tarnung
Wandelnde Blätter stammen ursprünglich aus den tropischen Regionen Südostasiens und sind wahre Meister der Tarnung. Sie imitieren Blätter ihrer Umgebung so perfekt, dass sie kaum von echtem Laub zu unterscheiden sind. Männchen erreichen eine Größe von bis zu acht Zentimetern, Weibchen werden sogar bis zu zwölf Zentimeter lang.

„Für die Fortpflanzung brauchen die Weibchen keine Männchen, das schaffen sie alleine“, erklärt Volksschüler Jonah stolz. Ein Weibchen kann im Laufe seines Lebens bis zu 500 Eier legen, allerdings schlüpft nicht aus jedem Ei ein Jungtier. Die frisch geschlüpften Wandelnden Blätter sind in den ersten drei Tagen schwarz und äußerst flink. Danach nehmen sie langsam ihre charakteristische grüne Farbe an und beginnen, auf den Pflanzen zu sitzen und zu fressen. Ihr Aussehen schützt sie in freier Natur vor Fressfeinden: Auf ihren flachen Körpern zeichnen sich dicke und dünne Linien ab, die an Blattadern erinnern. Manche Tiere besitzen sogar gezackte Blattränder. Zilly etwa ist inzwischen leicht bräunlich: wie ein echtes, herbstliches Blatt.

Pflegeleichtes Haustier
Das Wandelnde Blatt gilt als äußerst pflegeleichtes Haustier. „Die Tiere brauchen lediglich einen Brombeerast im Terrarium und müssen zweimal täglich mit Wasser besprüht werden. Mehr nicht“, erklärt Jonah. Auch seine Nachbarin Amelie (11) hat ein Wandelndes Blatt aus der Schule mit nach Hause genommen und kümmert sich liebevoll um ihr Insekt. „Mein erstes Blatt hieß Lifi, leider ist es im Juli gestorben“, berichtet sie. Doch Lifi hinterließ rund 450 Eier, die Amelie nun in einer separaten Box aufbewahrt und täglich kontrolliert, ob schon Jungtiere geschlüpft sind. Bis zu sechs Monate kann es dauern, bis aus den Eiern neue Wandelnde Blätter schlüpfen.

Amelie und Jonah sind sich einig: Besonders spannend ist das mehrmalige Häuten der Tiere. „Ich sitze oft vor dem Terrarium und beobachte die kleinen Tiere. Nach dem Häuten fressen sie sogar ihre eigene Haut“, erzählt Jonah fasziniert. Mittlerweile ist sein Terrarium voller Jungtiere. Einige verschenkt er, viele möchte er gemeinsam mit seinem Bruder behalten. Auch Amelie hat bereits von ihnen vier Jungtiere bekommen und wünscht sich nun ein größeres Terrarium, denn die Begeisterung für die wandelnden Blätter wächst mit jedem Tag. BVS


