Über sechs Jahrzehnte Friseurin: Renate Piesl (77) hat für ihr Leben gern gearbeitet
Nach 63 Arbeitsjahren verabschiedet sich Friseurin Renate Piesl in den Ruhestand und schließt Ende Oktober ihren Salon „Exclusiv“ in Vandans.
Vandans Renate Piesl ist 77 Jahre alt und damit eigentlich schon lange in Pension. Doch mit dem Arbeiten aufhören wollte sie nicht – zu gerne war sie Friseurin in ihrem eigenen Salon „Exclusiv“ in Vandans. Ende Oktober heißt es nun aber wirklich „adé“. Renate Piesl schließt nach 63 Arbeitsjahren ihren Friseursalon in der Dorfstraße 29. Ausschlaggebend dafür ist ihr 15 Jahre jüngerer Mann Gerald, der jetzt in Pension geht. Das Aufhören fällt ihr nicht leicht. Doch sie und ihr Mann wollen mehr Zeit gemeinsam verbringen.
„Mein größtes Hobby ist das Frisieren“, sagt Renate. Sie war nie eine Chefin, die nur delegierte, sondern eine, die selbst mitarbeitete. „Ich habe immer selbst geschnitten.“ 33 Lehrlinge haben bei ihr gelernt, darunter auch ihre zwei Schwestern, die beide ihre Meisterprüfung ablegten. Viele ihrer Lehrlinge haben sich danach selbstständig gemacht. Renate betont, dass sie all die Jahre sehr gute und langjährige Mitarbeiterinnen hatte. „Die wissen genau, was ich mag und was ich nicht mag.“
Die Öffnungszeiten hat Renate in den vergangenen Jahren reduziert und nur noch drei Tage pro Woche – Mittwoch bis Freitag – geöffnet. Ihre Stammkundschaft ist geblieben, manche bereits seit 49 Jahren. So lange ist Renate schon selbstständig. „Meinen ersten Friseursalon hatte ich 1976 bei meinen Schwiegereltern.“ Zwei Jahre später begann sie im Hotel Kasper als Friseurin, 1989 eröffnete sie einen eigenen Salon in St. Gallenkirch und 1990 erwarb sie das Geschäft in Vandans. Der Meisterbrief hängt noch immer an der Wand.
Genussmenschen
Einen konkreten Plan, was sie im Ruhestand machen wollen, haben sie nicht. „Wir haben eine tolle Wohnung, essen und trinken gerne“, sagt die lebensfrohe Bludenzerin. Seit 1993 ist sie mit Gerald verheiratet. Beide kochen leidenschaftlich und sind Weinliebhaber. Zudem haben sie einen großen Bekanntenkreis. Allein Renate hat sechs Geschwister, und durch ihre Tätigkeit als Friseurin kennt sie viele Leute. Gerald, der im Montafon in mehreren Hotels und Restaurants im Service gearbeitet und sogar ein eigenes Lokal geführt hat, kennt ebenfalls „das ganze Montafon“. Kinder haben die beiden keine – sie sind auch so glücklich.
Viel Urlaub hatte das Paar all die Jahre über nicht. „In den 41 Jahren, in denen wir zusammen sind, hatten wir dreimal jeweils 14 Tage am Stück frei“, sagt Gerald. Ansonsten haben sie durchgearbeitet und das Urlaubmachen schlichtweg vergessen. Auch im Krankenstand war Renate praktisch nie – selbst mit gebrochenem Finger oder Hüftproblemen nicht. „Krankenstand ist ein Fremdwort für mich.“ Sie hat einfach „wahnsinnig gerne“ gearbeitet. „Wenn ich nach Vandans fahre, freue ich mich jedes Mal aufs Arbeiten.“ In der Weihnachtszeit hat sie für ihre Kundschaft – von Kindern bis zu 100-Jährigen – 120 Bleche Makronen gebacken.
Als Konkurrenz zu den anderen Friseursalons in Vandans sah sich Renate nie. „Es gibt zu wenige Friseure im Montafon“, sagt sie und zieht einen Vergleich zu Bludenz, wo es deutlich mehr gibt. Neid untereinander habe es nie gegeben.
Zum Abschiedsfest kamen 150 Gäste, sogar zwei Innungsmeister statteten Renate einen Besuch ab. Bildercollagen zeugen von den vielen Jahrzehnten, in denen Renate schon Friseurin ist. Die Dauerwelle ist damals wie heute im Trend. Bis in die Nacht hinein feierten Stammkunden, Freunde und Familie mit Renate und Gerald. Ab November beginnt dann für sie ein neuer Lebensabschnitt. Für den Friseursalon, den sie verkaufen oder vermieten wollen, wünschen sich die beiden einen Nachfolger, der den Betrieb fortführt.
