Zukunftsperspektiven der Baukultur in Vorarlberg

Heimat / HEUTE • 09:15 Uhr
Referentin Verena Konrad (M.) mit Geschäftsführerin Verena Burtscher und Obfrau Elisabeth Tschann von der Villa Falkenhorst (Foto: OS)
Referentin Verena Konrad (M.) mit Geschäftsführerin Verena Burtscher und Obfrau Elisabeth Tschann von der Villa Falkenhorst Otto Schwald

Verena Konrad analysierte die Baukultur in Vorarlberg und gab Ausblicke in die Zukunft.

Bludenz Kürzlich starteten auf der Villa Falkenhorst die von der VHS Bludenz und dem Verein Villa Falkenhorst veranstalteten Salonvorträge in den Herbst 2025. Für die Auftaktveranstaltung konnte mit Verena Konrad, der Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts, eine anerkannte Fachfrau zum Thema “Architektur in Vorarlberg” gewonnen werden. Die Referentin, Mitautorin des gleichnamigen, kürzlich erschienenen Buchs, wählte für ihren Vortrag nicht eine von vielen der etwa 40 Besucher im Douglass-Saal erwartete Bilderschau, sondern entschied sich für eine narrative Vortragsweise. Dabei spannte sie einen Bogen über die letzten knapp eineinhalb Jahrhunderte Vorarlberger Baukultur, wobei sie nicht so sehr den baulichen, sondern vielmehr den gesellschaftspolitischen Aspekt in den Mittelpunkt rückte.

Verena Konrad fesselte die mit ihrem Vortrag zur Baukultur in Vorarlberg die Gäste auf Falkenhorst. (Foto: OS)
Verena Konrad fesselte mit ihrem Vortrag zur Baukultur in Vorarlberg die Gäste auf Falkenhorst.

Zunächst schilderte sie, wie eng in den Anfängen der zweiten Industrialisierungswelle am Ende des 19. Jahrhunderts Produktionsstätten, Unternehmervillen und Arbeiterwohnhäuser beieinanderlagen, wovon es im Land noch einige Beispiele gebe. Bis in die 1930er-Jahre lebten Menschen im Rahmen des sozialen Wohnbaus in Mehrfamilienhäusern zusammen. Das änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg schlagartig, als sich Vorarlberg, nicht zuletzt wegen der florierenden Textilindustrie, zu einer Region des Wohlstands entwickelte, in der im Rahmen einer Individualisierungsbewegung zahlreiche, anfangs noch eher kleine Eigenheime entstanden.

Baukultur setzt sich aber auch intensiv mit der Entwicklung von Städten und Gemeinden auseinander. Als man in den 1970er-Jahren für die nächsten 50 Jahre eine Bevölkerungsexplosion von bis zu einer Million Menschen in Vorarlberg prognostizierte, änderte man die Widmungspraxis, was die begonnene Zersiedelung aber weiter steigerte. Die Folge war, auch bedingt durch den Massentourismus, eine massive Dezentralisierung mit einer Verschiebung der Siedlungsgrenzen sowie ein Ausbluten der Ortskerne. Einzig im Bregenzerwald wurden diese kaum rückgängig zu machenden Sünden damals nicht gemacht.

Inzwischen habe man die Zeichen der Zeit erkannt, sagte Verena Konrad. Vor allem im Hinblick auf Bildungs- und Sozialeinrichtungen (viele in den Zentren) habe sich Vorarlberg in den letzten Jahren vorbildlich entwickelt, was auch für ökologisches Bauen gelte. In Zukunft müsse aber Bauen bzw. Wohnen insgesamt anders gedacht werden. Dabei gelte es, vor allem den sozialen Wohnbau massiv voranzutreiben, wobei man auch besonders auf Bestehendes zurückgreifen sollte, z. B. im Rahmen von Renovierungen der zahlreichen Südtirolersiedlungen in Vorarlberg. Dazu sei aber auch die Politik gefordert, denn Sanierungen sollten vom Gesetzgeber erleichtert werden. Zudem müsse einer infolge der hohen Wohnungskosten unweigerlich bevorstehenden Altersarmut, speziell bei Frauen, entgegengewirkt werden. Abschließend zeigte sich die Referentin zuversichtlich: Vorarlberg habe schon bei der Textilkrise in den 1980er-Jahren bewiesen, dass es gemeinsam Probleme lösen könne.