Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte

VN / HEUTE • 17:02 Uhr
Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte

Der Italiener Leoluca Orlando ist eine Symbolfigur des Anti-Mafia-Kampfes und betont die Wichtigkeit präventiver Maßnahmen in Vorarlberg.

Darum geht’s:

  • Vorarlberg eignet sich für Mafia-Aktivitäten.
  • Mafia agiert innerhalb von Systemen.
  • Gesellschaft hat Verantwortung im Kampf gegen die Mafia.

Von Katja Grundner

Schwarzach Laut dem Sizilianer Leoluca Orlando sei Vorarlberg ein idealer Nährboden für die Mafia. Der 78-jährige Jurist und Politiker gilt als internationale Symbolfigur des Anti-Mafia-Kampfes und kam auf Einladung des Seniorenteams ALTER-nativ für drei Tage nach Vorarlberg. Hier hält er unter anderem einen öffentlichen Vortrag über Korruption und organisiertes Verbrechen. Der Autor mehrerer Bücher betont, dass es auch in Vorarlberg präventive Maßnahmen gegen die Mafia geben sollte.

Vortrag von Leoluca Orlando: Samstag, 25. Oktober 2025, 9.45 bis 12.30 Uhr im Bildungshaus Batschuns. Da der Hauptsaal bereits ausgebucht ist, wird der Vortrag in einem anliegenden Saal über einen Bildschirm live übertragen. Kosten: Euro 10.-, Anmeldung an das Bildungshaus Batschuns, Tel.: 05522 44290 oder per E-Mail: bildungshaus@bhba.at

Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte
Leoluca Orlando hat eine Zeit lang in Deutschland studiert und spricht Deutsch. VN/Paulitsch

Mafia wirkt von innen

Leoluca Orlando ist Mitglied des Europäischen Parlaments und war über 20 Jahre lang in mehreren Amtsperioden Bürgermeister von Palermo. Unter anderem in den 1980er-Jahren – einer Zeit, die vom zweiten Mafiakrieg geprägt war. Da er sich gegen die Verstrickungen zwischen Politik und Mafia einsetzte, stand er auf der Abschussliste der Cosa Nostra und lebte über Jahre hinweg unter strengem Personenschutz. In Italien wird er bis heute Tag und Nacht bewacht. In den restlichen europäischen Ländern kann er sich derzeit frei bewegen.  

Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte
Leoluca Orlando kann in Italien nicht einfach in eine Bar einen Kaffee trinken gehen. VN/Paulitsch

Für sein Engagement sowohl gegen die Mafia als auch in sozialen Belangen wurde Leoluca Orlando vielfach ausgezeichnet. Zum Beispiel mit dem Konrad-Adenauer-Preis im Jahr 2008, der unter anderem für innovative und mutige Beiträge zur Entwicklung einer Großstadt verliehen wird. Im Jahr 2018 erhielt er den Heinrich-Heine-Preis, für seinen Einsatz bei der Aufnahme von Flüchtlingen und dem Kampf gegen die Mafia. Und aufgrund seines Einsatzes bei der Verteidigung der Menschenrechte wurde ihm im Jahr 2020 der Freedom From Fear Award überreicht.

Orlando erklärt, dass nicht jede Form organisierter Kriminalität automatisch als Mafia bezeichnet werden kann. Ein entscheidendes Merkmal sei, dass sie innerhalb eines Systems agiert – etwa in Politik, Kirche und Polizei. Darüber hinaus pervertiere sie die Werte einer Gesellschaft. „Um Macht haben zu können, braucht sie eine Verbindung zur Identität – sei es die religiöse, nationale oder kulturelle Identität.“ In diesem Sinne betitelt Orlando auch Mussolini, Hitler und islamische Terroristen als Mafia.

Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte
Laut Leoluca Orlando gewinnt die Mafia an Macht, indem sie das kulturelle Gedächtnis und die Identität der Bürger erstickt. VN/Paulitsch

Die Strukturen der Mafia haben sich mit der Zeit verändert. Während sie auf Sizilien eine Zeit lang praktisch täglich blutige Anschläge verübte und viel Aufmerksamkeit auf sich zog, agiert sie heute meistens möglichst verdeckt.

Mafia in Vorarlberg

Die Aktivitäten der Mafia reichen von Drogen und Giftmüllentsorgung bis hin zu Prostitution und Menschenhandel. „Für all das braucht es internationale Dimensionen. Die Mafia gibt es somit auf der ganzen Welt, nicht nur in Italien.“ Das illegal erworbene Geld versucht die Mafia durch Geldwäsche in den regulären Markt einzuschleusen, und dafür sind sichere und wirtschaftlich stabile Regionen wie Vorarlberg ideal. Orlando kann nicht mit Sicherheit sagen, ob die Mafia tatsächlich hier agiert, aber er sehe keinen Grund dafür, warum sie kein Interesse an Vorarlberg haben sollte. „Wenn ein Bürgermeister zum Beispiel sagt, dass es in seiner Gemeinde keine Mafia gibt, ist das wie eine Einladung für sie.“ Am sichersten ist ihr Agieren dort, wo Unwissen und Verschwiegenheit herrschen.

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Leoluca Orlando ist Autor mehrerer Bücher. VN/Paulitsch

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Präventive Maßnahmen

Um sich als Gesellschaft von dem kriminellen Gewaltsystem der Mafia zu schützen, brauche es neben einem gut funktionierenden Sicherheitsapparat eine starke Kultur. Nicht nur Kultur im klassischen Sinne, sondern eine Kultur der Eigenverantwortung, die unter anderem auf ethischem Handeln, aktivem Bürgersein und dem Widerstand gegen Schweigen beruht.

Vorarlberg als ein attraktiver Standort für Mafia-Geschäfte
Sicherheitsapparate und Kultur sollen laut Leoluca Orlando wie zwei Räder eines Karrens sein, die sich in gleicher Geschwindigkeit drehen müssen, um vorwärtszukommen. VN/Paulitsch

Während Orlando auf EU-Ebene versucht, wirksame Anti-Mafia-Gesetze zu installieren, ruft er die Gesellschaft dazu auf, ihren Beitrag zur Thematik zu leisten – auch in Vorarlberg. Da die Mafia eine Gefahr für Freiheit und Demokratie darstellt, sei es wichtig, präventive Maßnahmen zu setzen. Zum Beispiel sollte man Kindern wichtige gesellschaftliche Werte vermitteln und die Inklusion von Ausländern fördern. Denn nur eine Gesellschaft mit starkem Gemeinschaftsgefühl kann sich vor inneren Angriffen auf ihre Identität schützen. Besonders wirksam findet er das Modell „Adoptiert ein Denkmal“, das er in den 1990er-Jahren in Palermo umgesetzt hat. Dabei werden Schüler zu „Paten“ eines Denkmals, das sie erforschen, pflegen und der Öffentlichkeit näherbringen.

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Leoluca Orlando hält von Aufenthaltsbewilligungen wenig: Wer in Palermo wohnt, ist für ihn Palermitaner. VN/Paulitsch

Nicht präventiv, sondern reaktiv ist das gemeinwohlorientierte Kooperationsprojekt „Libera Terra“ („Befreite Erde“) in Italien, das Lebensmittel und Weine auf enteigneten Mafia-Flächen produziert.

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(VN)