„Hier ist Sterben etwas Alltägliches“ – Einblick in das Hospiz am See

VN / 30.10.2025 • 20:30 Uhr
„Hier ist Sterben etwas Alltägliches“ – Einblick in das Hospiz am See
Laut Klaus Gasser, dem Leiter des Hospizes am See, wollen die meisten Menschen zu Hause sterben – doch das ist nicht immer möglich. VN/Paulitsch; Canva

Jede Woche nehmen im Hospiz am See ein bis fünf Menschen Abschied. Doch es gibt Ausnahmefälle.

Darum geht’s:

  • 80% der Gäste leiden an Krebs im Endstadium.
  • Interdisziplinäres Team schafft Raum fürs Abschiednehmen.
  • Lange Warteliste, Priorisierung nach Krankheitsbild und Leidensdruck.

Von Katja Grundner

Bregenz Allerheiligen und Allerseelen stehen vor der Tür: Zwei Anlässe, die viele Vorarlberger in die Messe oder auf den Friedhof ziehen, um der Verstorbenen zu gedenken. Im Hospiz am See in Bregenz ist das Thema Tod das ganze Jahr über präsent. „Hier ist Sterben etwas Alltägliches“, sagt Leiter DDr. Klaus Gasser (45).

„Hier ist Sterben etwas Alltägliches“ – Einblick in das Hospiz am See
Für Klaus Gasser ist die Arbeit im Hospiz eine bereichernde Tätigkeit. VN/Paulitsch

Aufenthalt im Hospiz

Im Hospiz am See in Bregenz stehen zehn Einzelzimmer zur Verfügung. Jede Woche nehmen dort ein bis fünf Menschen Abschied. Manche Sterbeverläufe sind ruhig und friedlich, andere hingegen sind von schweren körperlichen oder emotionalen Herausforderungen geprägt – etwa im Fall einer jungen Mutter, die ihre Kinder zurücklassen muss. Andererseits berichtet Gasser von einem jungen Erwachsenen, der sein Leben so intensiv gelebt hatte, dass sein Abschied trotz des frühen Alters etwas weniger schwer wog. „Sterben und Trauer sind sehr individuelle Prozesse.“

„Hier ist Sterben etwas Alltägliches“ – Einblick in das Hospiz am See
Klaus Gasser im Interview mit den VN. VN/Paulitsch

Rund 80 Prozent der Gäste im Hospiz am See – so werden die Betroffenen hier genannt – leiden an einer Krebserkrankung im Endstadium. Konrad Bickel (69) ist einer der Gäste und seit rund zehn Wochen in der Einrichtung der Caritas. Er leidet an einem bösartigen Krebs, zählt aber zu den Ausnahmefällen, denn sein Zustand hat sich seit seinem Aufenthalt verbessert, sodass er möglicherweise wieder entlassen werden kann. Üblicherweise versterben rund 95 Prozent der Gäste hier. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei drei bis vier Wochen. Knapp die Hälfte der Gäste verstirbt innerhalb der ersten zehn Tage.

„Hier ist Sterben etwas Alltägliches“ – Einblick in das Hospiz am See
Konrad Bickel auf dem Balkon des Hospizes am See. VN/Paulitsch

Doch auch bei einem kurzen Aufenthalt spürt Leiter Klaus Gasser, wie sehr nicht nur die Patienten, sondern auch deren Angehörige die Betreuung im Hospiz schätzen. Hier erhalten sie die nötige Pflege und Unterstützung, damit sich alle Beteiligten ganz auf das Abschiednehmen konzentrieren können. Das Team besteht aus Ärzten, Pflegepersonal, Seelsorgern, einer Sozialarbeiterin und vielen Ehrenamtlichen.

„Man hilft mir immer und man lässt mich nie allein.“

Konrad Bickel, Gast im Hospiz am See

Konrad Bickel, der ursprünglich aus Warth kommt, bestätigt die wertschätzende Haltung: „Das Essen ist gut und das Personal ist gigantisch. Man hilft mir immer und man lässt mich nie allein“. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass es eine längere Warteliste gibt, wobei für manche der Aufenthalt im Hospiz nicht mehr rechtzeitig zustande kommt. „Trotzdem sind sie natürlich gut auf Palliativstationen oder im Krankenhaus versorgt“, betont Gasser. Die Aufnahmen werden nach Kriterien wie Krankheitsbild und Leidensdruck priorisiert. Finanzielle Möglichkeiten sollen dabei keine Rolle spielen. „Wir haben bis jetzt noch jeden aufnehmen können.“

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Konrad Bickel und Klaus Gasser stehen in regelmäßigem Austausch. VN/Paulitsch

Herzensangelegenheit  

Klaus Gasser ist seit der Eröffnung im Jahr 2018 Leiter des Hospizes am See: „Für mich ist die Arbeit hier eine Herzensangelegenheit.“ Dabei gibt es einige bereichernde Aspekte – etwa, wenn letzte Wünsche von Gästen noch erfüllt werden können. So wollte einmal ein Mann im Bodensee fischen, was durch einen Ehrenamtlichen möglich gemacht wurde. Auf Themen wie Wünsche in der letzten Lebensphase sowie die Herausforderungen im Beruf – etwa die Balance zwischen Nähe und Distanz – wird Gasser bei einem Vortrag am Donnerstag, den 5.11., genauer eingehen. Die vom Verein der Freunde des Klosters Mehrerau organisierte Veranstaltung findet um 19.30 Uhr in der Aula Bernardi im Kloster Mehrerau statt.

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(VN)