Absicherung oder Panikmache? – Debatte um Schutzräume

VN / 01.11.2025 • 07:00 Uhr
Absicherung oder Panikmache? – Debatte um Schutzräume
Franc Magnes, Landesgeschäftsführer des Zivilschutzverbands Vorarlberg, und Manfred Schuster, Inhaber der auf Schutzräume spezialisierten Firma Seba, sind nicht einer Meinung.Seba/LWK

Der Russland-Ukraine-Krieg sorgt für mehr Interesse an Schutzräumen, doch Franc Magnes hält Friedensbemühungen für die bessere Lösung.

Darum geht’s:

  • Sicherheitsgefühl Hauptgrund für private Schutzräume.
  • Manfred Schuster hält öffentliche Schutzräume für sinnvoll.
  • Für Magnes Franc sind Friedensbemühungen wichtiger als Schutzraumausbau.

Von Katja Grundner

Schwarzach Der Russland-Ukraine-Konflikt hat bei manchen Menschen ein Gefühl der Unsicherheit ausgelöst. „Das ist der Grund, warum die Nachfrage nach Schutzräumen bei uns um das Doppelte gestiegen ist“, sagt Manfred Schuster, Inhaber der Firma Seba, die auf Schutzräume spezialisiert ist. Die Fachfirma in Oberösterreich ist die nächstgelegene Adresse für Vorarlberger im Land. Franc Magnes, Landesgeschäftsführer des Zivilschutzverbands Vorarlberg, sieht Schutzräume kritisch. Er plädiert stattdessen dafür, alle Kraft in die Bewahrung des Friedens zu investieren.

Öffentliche Schutzräume

In der Schweiz besteht eine Schutzraumbaupflicht und es existieren mehr Schutzplätze, als es Einwohner gibt. Hierzulande könnten laut dem Strahlenschutzratgeber des Zivilschutzverbands Österreich rund 30 Prozent der Bevölkerung Schutzraumplätze zur Verfügung stehen. Wobei private und öffentliche Einrichtungen in die Kalkulierung miteinfließen und die meisten nicht sofort einsatzbereit wären – wie zum Beispiel die Bunkeranlage im Landhaus Bregenz.

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Eine Pflicht zum privaten Schutzraumbau findet Manfred Schuster aufgrund der Kosten nicht angebracht. Hierbei setzt er auf Eigenverantwortung. Aber in öffentlichen Gebäuden sollte es seiner Meinung nach einsatzbereite Schutzräume geben. Magnes Franc sieht das anders. In Zeiten des Budgetdrucks hätten öffentliche Schutzräume keine Priorität. Der Russland-Ukraine-Konflikt sei kein Anlass für die Instandsetzung von Schutzräumen, sondern für verstärkte Friedensbemühungen.

Absicherung oder Panikmache? – Debatte um Schutzräume
Franc Magnes plädiert für Friedensbemühungen anstelle von Schutzräumen.LWZ

Mögliche Gefahrenlagen

Trotz der gestiegenen Schutzraumanfragen seit dem Russland-Ukraine-Konflikt stuft Schuster Störfälle in Atomkraftwerken, Unfälle beim Transport radioaktiver Güter oder Chemieunfälle als genauso hohe Gefahr ein: „Der Krieg ist jeden Tag in den Medien, über Atomkraftwerke hört man einfach wenig.“  

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Manfred Schuster würde öffentliche Schutzräume für sinnvoll erachten. Seba

Magnes meint, dass ein schwerer Unfall in einem Atomkraftwerk grundsätzlich ein Szenario wäre, bei dem Schutzräume helfen könnten. Aber dass Vorarlberg davon betroffen sein würde, sei aufgrund der Distanz zum nächstgelegenen Standort in der Schweiz äußerst unwahrscheinlich. „Bei einem kriegerischen Angriff mit Atomsprengköpfen gäbe auch ein Bunker keinen ausreichenden Schutz, da die Lebensgrundlage zerstört wäre“, führt Magnes aus. Anders als bei Angriffen ohne Atomwaffen, bei denen Schutzräume durchaus Schutz bieten könnten.

Während es in Österreich keine Kernkraftwerke gibt, befinden sich neun davon mit insgesamt 20 Reaktorblöcken weniger als 200 Kilometer von den Landesgrenzen entfernt. Die nächstgelegenen zu Vorarlberg befinden sich in der Schweiz, unter anderem in Beznau, rund 100 Kilometer Luftlinie von der Vorarlberger Grenze. Wie weit ein Risiko reicht, hängt neben der Entfernung vor allem von Freisetzungsmenge und Wetter ab.

Bedürfnis nach Sicherheit

Laut Schusters Kundenerfahrung steht hinter dem Bau privater Schutzräume vor allem der Wunsch nach einem stärkeren Sicherheitsgefühl. Zwar sieht Magnes private Schutzräume als private Entscheidung, doch würde er es wichtiger finden, statt Verunsicherung Deeskalation und Ruhe in die aktuelle Situation zu bringen. „Das fängt mit der eigenen inneren Haltung an.“ Außerdem sollte die Bevölkerung die Politik daran erinnern, ihre Friedensinteressen zu vertreten. „Die meisten Österreicher pochen auf die Neutralität und dafür sollten wir uns einsetzen.“

Bunker oder Schutzraum?

In Österreich wird der Begriff „Bunker“ umgangssprachlich für Schutzräume verwendet, obwohl er ursprünglich aus dem militärischen Bereich stammt. Der Begriff „Schutzraum“ wird offiziell im Bereich des Zivilschutzes verwendet.

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Kosten für Schutz- und Sicherheitsräume laut Manfred Schuster:

Einbau eines Schutzraums in einen Neubau:

  • Unkompliziert
  • rund 20.000 Euro

Nachrüsten in einem bestehenden Gebäude:

  • kann teuer werden
  • Empfehlung eines externen Schutzraumes, etwa im Garten (rund 20.000 Euro für die Schutzraumausstattung, zuzüglich der Baukosten des neuen Gebäudes)

Alternative: Sicherheitsraum

  • Unterschied: Ein Schutzraum unterliegt klaren technischen Vorgaben, etwa bei Wand- und Deckenstärke. Können diese nicht erfüllt werden, ist ein Sicherheitsraum möglich, der mehr Schutz bietet als ein normaler Raum.
  • Sehr flexibel: Muss zum Beispiel nicht im Keller liegen und kann auch Fenster haben, die man im Ernstfall rasch nachrüsten kann.
  • Einfach umzusetzen und günstiger (rund 13.000 Euro)

(VN)