Starke Melange der Wiener Autorin Vea Kaiser

VN / 05.11.2025 • 10:50 Uhr
Vea Kaiser: Fabula Rasa, 576 Seiten, KiWi
Vea Kaiser: Fabula Rasa, 576 Seiten, KiWiClarissa Berner

Vea Kaiser erzählt in ihrem Roman spannend von Betrug, Liebe und Wiener Lebensgefühl.

Schwarzach Die Wiener Autorin Vea Kaiser ist längst keine Unbekannte mehr in der österreichischen Literaturszene. Für ihre Arbeiten erhielt sie unter anderem das österreichische Startstipendium, das Hans-Wiegel-Literaturstipendium und den Theodor-Körner-Preis. Auf ihren Debütroman „Blasmusikpop“ folgten die Romane „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“, „Rückwärtswalzer oder Die Manen der Familie Prischinger“ und „Die sieben Leben der Marie Schwarz“. Nun ist ihr jüngstes Werk erschienen.

Der Roman beruht auf einer wahren Begebenheit. Mit etwas Recherchearbeit wird schnell klar, dass es sich hierbei um das Hotel Sacher handelt. 2021 wurde ein Betrugsfall publik, in dem eine Buchhalterin dem renommierten Betrieb über Jahre hinweg 4,1 Millionen Euro abgezweigt hatte. Für die Recherchearbeiten besuchte die Autorin die Betrügerin mehrmals im Gefängnis. Natürlich verschwimmt hier Tatsache mit Fiktion, der Leser wird jedoch im Unklaren gelassen, welche Teile erfunden sind. Kaiser kann das sehr gut ummünzen, eine spannende Basis ist also gegeben.

Die Betrügerin – die „Königin des Grand Hotels“ – bekommt den fiktiven Namen Angelika Moser. Angelika wächst mit ihrer alleinerziehenden Mutter Erna Moser, einer strengen Hausmeisterin, im Gemeindebau auf. Mit beinahe 30 Jahren sieht das Leben etwas anders aus. Die aus eher einfachen Verhältnissen kommende junge Frau zieht gemeinsam mit ihrer besten Freundin durch die Straßen Wiens der 1980er-Jahre. Die Diskothek U4 wird zu ihrem zweiten Wohnzimmer. Alkohol, rauschende Nächte und exzessive Partys gehören zu ihrem Alltag. Tagsüber arbeitet sie im Grand Hotel Frohner als Buchhalterin.

Das Liebesleben der Angelika Moser wird sehr unterhaltsam dargestellt. Dabei fängt Kaiser die Gedanken einer nahezu 30-Jährigen, die noch nicht erwachsen sein will, gekonnt ein. Das macht sie für Kaisers Publikum so greifbar. Angefangen bei Breiti, über Eugen, kommt Angelika schließlich mit Freddy zusammen. Mit dem erfolglosen Musiker bekommt Angelika ein Kind. Damit nahm das Übel seinen Lauf. Denn auf beruflicher Ebene bleibt es spannend: Ihr Chef, der Direktor des Hotels, bittet sie darum, die Ausgaben und Bilanzen des Betriebs zu fälschen. Im Gegenzug hat sie einige Vorteile. Immer häufiger zwackt Angelika große Geldbeträge für ihren privaten Nutzen ab. Denn: Als alleinerziehende Frau ist es in den 1980er-Jahren nicht einfach.

Im Netz sind die Meinungen gespalten. So findet das Buch in ihrer Community großen Anklang, so manche Kritik fällt jedoch nicht zugunsten Kaisers aus. Muss man wirklich jedes Buch von der intellektuellen Seite her betrachten? Trotz der schweren Themen und des bekannten Endes des Betrugsfalls schafft es Kaiser, ihr Publikum zu unterhalten. Sei es aufgrund der Protagonistin Angelika, mit der Leser eine Verbindung aufbauen können, ihres verrückten Liebeslebens oder der Zeit während und vor der Schwangerschaft. Manchmal reicht es, wenn ein Buch einfach nur qualitativ unterhält.

Clarissa Berner