„Kein Tag ist wie der andere“: Warum Arbeitsinspektorin Sandra Hirmann ihren Job so liebt

Arbeitsinspektorin Sandra Hirmann kontrolliert die Baustellen im Ländle und erkennt Sicherheitsmängel auf den ersten Blick. Was sie sieht, was sie duldet – und wann sie eingreift.
Lech „Ich mache den Job leidenschaftlich gerne“, sagt Sandra Hirmann aus Bartholomäberg. Als Baureferentin angefangen, ist sie mittlerweile Amtsleiterin beim Arbeitsinspektorat. Sie bedauert, dass sie dadurch kaum mehr selbst auf Baustellen kommt. „Ich liebe es, Baustellen zu besichtigen. Sie sind schnelllebig. Kein Tag ist wie der andere. Abbruch, Aushub, Hochbau, Dachdecken – das sind alles sehr spannende Phasen.“

Als Behörde kontrolliert das Arbeitsinspektorat die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben und auf Baustellen, um die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitenden zu gewährleisten. Die Außendienstmitarbeiter machen stichprobenartige Kontrollen.

„Wir sind nicht der Feind“, betont Hirmann. „Wir fordern viel mehr ein, als dass wir strafen.“ Hirmann kontrolliert mit Augenmaß – penibel, aber fair. Empathie und ein Gespür für die Menschen seien wichtig in ihrem Job. „Wenn ich gerne strafen würde, wäre ich zur Polizei gegangen“, sagt sie. „Wir beraten und sind super serviceorientiert.“ Seit 1980 sind die Arbeitsunfälle auf Baustellen rapide gesunken – „weil wir präsent sind“, begründet Hirmann diese Entwicklung.

Von groben Mängeln bis Kleinigkeiten
Hirmann schaut sich auf einer Baustelle jedes Detail an. Dabei geht sie vom Großen ins Kleine. Fehlende Baugruben- und Absturzsicherungen zählen zu den groben Mängeln. Auch fehlende Schutzausrüstung oder nicht zugelassene bzw. ungeprüfte Arbeitsmittel beanstandet sie. Vom Umgang mit gefährlichen Gasen bis hin zu Lenk- und Arbeitszeiten überprüft sie alles.

Auf jeder Baustelle entdeckt sie Verstöße, doch nicht jeder führt zu einer Anzeige – Hirmann unterscheidet zwischen großen und kleinen Verstößen. Bei Missständen schreibt sie dem Arbeitgeber ein Aufforderungsschreiben. Wenn das Leben der Arbeitnehmer grob gefährdet ist, kann sie die Baustelle auch einstellen. Werden grobe Missstände – etwa eine ungesicherte Baugrube – trotz Aufforderung nicht behoben, kann sie eine Strafanzeige stellen.

Das Arbeitsinspektorat kontrolliert jede Baustelle – vom Hotelneubau bis zum Einfamilienhaus. Sobald eine Firma und damit Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist das Arbeitsinspektorat zur Stelle. „Die Schwerkraft ist die gleiche“, daher macht Hirmann bei der Baustellengröße keinen Unterschied.

Immer in Begleitung
Auf einer Baustelle ist ihr Hauptansprechpartner der Polier. „Er muss mich begleiten und mir Auskunft geben“, erklärt Hirmann, die immer unangekündigt auf den Baustellen erscheint. Dieses Mal ist eine Baustelle in Zürs dran. Sandra Hirmann besichtigt den Rohbau des künftigen Hotels. Begleitet wird sie vom Polier Jürgen.

Die Baufirma ist gerade am Abrüsten, da die Bauzeit Ende November vorbei ist. Hirmann erkennt sofort fehlende Absturzsicherungen auf den Balkonen und bei den Fenstern. Normalerweise würde sie den Polier auffordern, den Mangel zu beheben, doch da die Bauarbeiter gerade die Gerüste abbauen, beanstandet sie es nicht.

Auch der Abstand zwischen Gebäude und Gerüst ist zu groß. Dieser dürfte maximal 30 Zentimeter betragen – Hirmann misst jedoch 40 Zentimeter. Sie empfiehlt daher, eine Brust- und Mittelwehr einzuhängen oder eine schmale Mittelkonsole anzubringen.

Manipulierte Kreissäge
Bei ihrem Rundgang erkennt Hirmann von Weitem, dass die Kreissäge manipuliert wurde: Es wurde ein Keil unter die Schutzhaube gelegt, damit diese nicht schließt. Dies sei nicht nur gefährlich, sondern auch ärgerlich für denjenigen, der sich daran verletzt – denn bei einer Manipulation des Arbeitsmittels steigt jede Versicherung aus. Die Unfallstatistik bestätigt, dass es viele Unfälle mit Kreissägen gibt – deshalb werden regelmäßig Schwerpunktkontrollen durchgeführt.

Auch soziale Einrichtungen wie Toiletten und Aufenthaltsräume kontrolliert sie. Auf dieser Baustelle fehlt ein Warmwasseranschluss zum Händewaschen. Und auch bei den Mannschaftscontainern fällt ihr etwas auf: Die Arbeiter bräuchten Spinde zum Trocknen der nassen Kleidung. Ein Container für den Aufenthalt und ein separater für die Lagerung der Arbeitskleidung wären optimaler als zwei Container mit Mischnutzung.

Beim Polier überprüft sie die Arbeitszeiten der Bauarbeiter und das Abnahmeprotokoll des Krans. Dann verlässt sie die Baustelle wieder. „Es ist eine sinnstiftende Tätigkeit. Ich würde nicht mehr wechseln wollen. Das ist absolut mein Traumjob“, schwärmt Sandra Hirmann.
