„Sie nehmen Deutsch quasi mit der Muttermilch auf“ – Sprachkurse in Dornbirn

Die Kurse sind nur für Frauen und es wird darin nicht nur Deutsch gelernt.
Darum geht’s:
- Alphabetisierungskurs ergänzt seit Neuerem das Angebot.
- Kinderbetreuung während der Kurse ermöglicht Teilnahme.
- Kurse helfen bei Alltagsthemen.
Von Katja Grundner
Dornbirn Mit niederschwelligen Deutsch- und Orientierungskursen für Frauen will die Stadt Dornbirn die Inklusion fördern. „Nicht nur für Frauen mit Flüchtlings- oder Migrationshintergrund, sondern für alle neu Zugezogenen“, betont Deutschtrainerin Eva Maria Trunk. Neuerdings wird das seit über dreißig Jahren bestehende Projekt durch einen Alphabetisierungskurs ergänzt. „Manche in dem Kurs müssen erst lernen, wie sie einen Bleistift richtig halten“, erklärt die dafür zuständige Deutschtrainerin Petra Felder.

Große Bandbreite an Frauen
Die Deutsch- und Orientierungskurse werden dreimal jährlich über mehrere Monate hinweg im Schülerclub Dornbirn angeboten und kosten 50 Euro pro Person. Eva Maria Trunk unterrichtet den Deutschkurs für Anfängerinnen sowie den Deutsch-Konversationskurs für Fortgeschrittene. Insgesamt nehmen derzeit 27 Frauen aus 15 Nationen an den beiden Kursen teil. „Die Frauen bringen sehr unterschiedliche Hintergründe mit – sie reichen von einer Ingenieurin aus Pakistan bis zu einer Syrerin, deren Schulbildung mit der Volksschule endet“, sagt die 55-jährige Dornbirnerin. Eine der aktuellen Kursteilnehmerinnen ist Serena Radano (37), die ursprünglich aus der Nähe von Neapel kommt und in Italien als Projektmanagerin arbeitete: „Den Vorarlberger Dialekt verstehe ich noch nicht, aber meine Tochter im Kindergarten nimmt ihn schon auf.“

Im Alphabetisierungskurs gibt es acht Teilnehmerinnen. Manche starten völlig ohne Lese- und Schreibkenntnisse, andere bringen bereits erste Buchstaben- und Deutschkenntnisse mit. „Die jetzigen Teilnehmerinnen wollen alle auch beim nächsten Kurs wieder mitmachen“, sagt Petra Felder (52) aus Bregenz.
Lernen mit Kindern
Die Deutsch- und Orientierungskurse richten sich an Frauen, die in Dornbirn wohnen. Während die Männer meist durch die Arbeit in Kontakt mit Vorarlbergern und der deutschen Sprache kommen, finden Frauen oft schwerer Anschluss. „Ich habe auch Erfahrung mit geschlechtlich gemischten Deutschkursen, doch in der reinen Frauengruppe entfalten sie sich ganz anders. Sie fühlen sich hier sicher und wohl“, meint Felder.

Es gibt sogar Frauen, die während des Kurses ihr Kind stillen. „Die nehmen Deutsch quasi mit der Muttermilch auf“, meint Trunk schmunzelnd. Kinder dürfen nicht nur mitgenommen werden, es ist sogar jemand vor Ort, der auf sie aufpasst, während die Mütter lernen. „Das kann manchmal ganz schön chaotisch und laut werden, aber es ist auch für die Kinder ein wichtiger integrativer Anknüpfungspunkt.“
Mehr Selbstbestimmtheit
In den Deutsch- und Orientierungskursen wird der Fokus vor allem auf wichtige alltägliche Themen gelegt wie Einkaufen gehen, Arztbesuche und Formulare ausfüllen. Außerdem werden Exkursionen gemacht, zum Beispiel in die Stadtbibliothek. Die Hemmschwelle, allein hinzugehen, sei meist hoch – doch nach dem ersten gemeinsamen Besuch sinkt diese deutlich. Durch den Deutschkurs finden die Frauen Zugang zu anderen Angeboten der Stadt Dornbirn, wie Schwimm- und Fahrradkurse, die ebenfalls zur Stärkung der eigenen Handlungsmöglichkeiten beitragen.
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Weil es sich nicht um einen zertifizierten Sprachkurs handelt, bleibt er frei von Leistungsdruck. Am Ende wird den Frauen eine Teilnahmebestätigung vom Bürgermeister überreicht. Für viele sind die Kurse ein Fundament für offiziell anerkannte Sprachkurse oder Arbeitsstellen. „Manche Frauen, die den Konversationskurs gemacht haben, arbeiten jetzt zum Beispiel als Betreuungspersonal in Kindergärten oder Volksschulen.“
(VN)