Superhelden aus dem 19. Jahrhundert

Mit „Holmes & Moriarty“ erscheint ein neuer Sherlock Holmes-Roman.
Schwarzach Es weihnachtet und in London schneit es, als gäbe es kein Morgen. Eine unwirtliche Zeit, in der Sherlock Holmes und John Watson zur Ermittlung schreiten müssen. Ein brisanter Fall tut sich vor ihnen auf: Die scheinbar ausgestorbene Königslinie soll wiederbelebt werden, doch dies ist erst der Anfang.
Prof. Moriarty und Sebastian Moron, sein düsterer Diener, stammen aus Arthur Conan Doyles Feder. Prof. Moriarty wurde gar erfunden, um Holmes ein definitives Ende zu bereiten – bevor ihn Doyle gegen eine großzügige finanzielle Zuwendung wieder zum Leben erweckte. Der Autor dieser Geschichte, Gareth Rubin, ein Londoner Bestsellerautor, steht nun vor der Herausforderung, beide geeint gegen einen übermächtigen Feind antreten zu lassen, der der Welt ein jähes Ende bereiten will. Die Geschichte, eher eine Mischung aus einem Abenteuerroman und einem Thriller als ein Krimi, bringt die seinerzeitigen Kontrahenten bis in die Bergwelt der Schweiz, um den Fall zu lösen.
Die Guten und die Bösen geeint
Seit die Urheberrechte gefallen sind, gibt es einiges mehr an Holmes & Watson-Geschichten, als es einem vielleicht recht sein mag. Aber, und das muss gesagt werden, Gareth Rubin gehört zu den Ehrenhaften in der Runde. Er weiß als Historiker gut über das England der viktorianischen Epoche Bescheid und wenn er über Hundekämpfe oder kollidierende Kutschen im nebligen London und im verschneiten Moorland berichtet, weiß man als Leser, dass man nicht falsch liegt. Dass er mitunter seinen Handlungsbogen mit Action-Elementen realisiert, ist auch der Tatsache geschuldet, dass es in der jüngeren Vergangenheit zwei Abenteuerfilme über den Detektiven gibt, beides Guy Ritchie Filme, die erfolgreich in den Kinos waren und noch in den Köpfen der Leser verankert sind. Dazu gibt in Holmes & Moriarty eine von zwei Handlungssträngen aus erzählte Geschichte die passende Dramaturgie dazu ab. Auf der einen Seite die Guten und auf der anderen die Bösen, die so auch den Plot dynamisch vorantreiben können.
Der Turbo tut gut
Ob man nun wirklich mit dieser Geschichte in die Schweiz gehen hätte müssen, bleibt offen, hier hätten den Holmes & Watson-Liebhabern wahrscheinlich die schottischen Highlands gereicht, aber man darf nicht vergessen, auch Doyle ließ Sherlock Holmes einiges von der Welt sehen. Fazit: Rubin ist jetzt kein Gralshüter, aber auch kein Grabräuber. Er lässt sich genüsslich Zeit, um die Geschichte ins Rollen zu bringen, vielleicht eine Spur zu lang, aber er hat seine Geschichte mit cleveren Konstrukten unterlegt, die gewissermaßen für eine Entschädigung sorgen, man geht die Meter also nicht umsonst. Der Reiz Gut und Böse an einem Strang ziehen zu lassen ist jetzt weder wirklich originell noch neu, aber er bietet sich bezüglich des ideenreichen Steinbruchs, den Doyle hinterließ, geradezu an. Den gelegentlichen Turbo, den der Autor dazu einschaltet, tut einer gewissen Entstaubung gut. Mittlerweile werden die Drehbücher entworfen sein und an Scouting bezüglich einer Verfilmung darf gedacht werden.
Martin G. Wanko