„Wenn wir weg sind, ist es zu spät“ – Feldkircher Geschäftsfrau ruft zum Umdenken beim Einkaufen auf

Stefanie Lingg-Karlinger kämpft ums Überleben – weil immer mehr Menschen online oder bei Billiganbietern einkaufen.
Feldkirch Stefanie Lingg-Karlinger ist keine, die schnell jammert. Im Gegenteil. Die Feldkircher Unternehmerin betreibt ihr Geschäft mit Herzblut. Doch kurz vor Weihnachten ist sie erschüttert: „Ich war eine Stunde im Laden – und kein einziger Kunde kam“, sagt sie. Dabei ist es die umsatzstärkste Zeit des Jahres.
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Was sie beschreibt, ist kein Einzelfall. Aus ganz Österreich hört sie ähnliche Geschichten: leere Geschäfte, ratlose Händler. „Die Leute denken, sie sind die einzigen, die online bestellen. Aber wenn das alle machen, dann ist es zu spät“, warnt Lingg-Karlinger. Sie appelliert an das Bewusstsein der Konsumenten: „Jeder einzelne Einkauf entscheidet mit darüber, ob unsere Innenstädte lebendig bleiben oder nicht“.
Was verloren geht, wenn der lokale Handel stirbt
Für Lingg-Karlinger ist Einkaufen mehr als nur Ware gegen Geld. Es ist Begegnung, Beratung, Entdeckung. „Ich will, dass meine Kinder mit mir in die Stadt gehen, etwas Schönes aussuchen, ins Café sitzen. Das gehört für mich zu einem guten Leben dazu“, sagt sie. Wenn aber nur noch große Ketten oder Billiganbieter überleben, verschwinden diese Erlebnisse – und mit ihnen auch Arbeitsplätze, Vielfalt und Lebensqualität.

Der Wandel betrifft nicht nur Modegeschäfte. Auch Buchläden, Spielwarengeschäfte oder Elektrohändler berichten von ähnlichen Entwicklungen. Besonders bitter: Viele Menschen nutzen die Beratung vor Ort – und kaufen dann doch online. „Das ist Beratungsdiebstahl“, sagt Lingg-Karlinger klar.
„Ich bin nicht teurer – oft sogar günstiger als online“
Ein Vorurteil, mit dem sie aufräumen will: „Viele denken, ich sei teurer als das Internet. Aber das stimmt nicht. Ich schaue, dass meine Preise fair sind – oft sind meine Taschen sogar günstiger als online.“ Doch selbst wenn ein Artikel mal ein paar Euro mehr koste, sei das keine reine Geldfrage: „Dafür bekommt man Service, Garantie, eine Ansprechperson. Und man investiert in die eigene Stadt“.

Was sich ändern muss – und was jeder tun kann
Lingg-Karlinger fordert auch politische Konsequenzen: „Keine Gratisretouren mehr. Kein Versand von Produkten mit krebserregenden Stoffen, wie sie bei Shein gefunden wurden. Frankreich macht es vor“, sagt sie. Dort seien Influencer-Strafen, Werbeverbote und Paketstopps bereits Realität. Sie selbst kämpft weiter – auch wenn es Kraft kostet: „Ich will nicht in die Schuldenfalle geraten. Aber aufgeben? Noch nicht.“
Sie plädiert auch für mehr Ehrlichkeit im Umgang mit Zeit und Prioritäten: „Viele sagen, sie hätten keine Zeit, in die Stadt zu gehen – aber dann schauen sie stundenlang Serien oder scrollen durchs Handy“, meint Lingg-Karlinger. Für sie ist klar: Wer wirklich will, findet einen Weg. „Es geht nicht nur ums Einkaufen. Es geht darum, sich wieder Zeit zu nehmen für das, was unsere Städte lebenswert macht.“