Kaum Mütter im Land voll berufstätig

In Vorarlberg sind sehr wenige Mütter von Kindern vollzeitbeschäftigt.
SCHWARZACH Aus Frauensicht ist es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht besonders gut bestellt in Vorarlberg. Diesen Eindruck vermitteln die Daten, welche die Statistik Austria führt. Und das wird auch von Expertinnen bestätigt: „Vorarlberg ist in solchen Statistiken immer ziemlich weit hinten“, weiß Angelika Atzinger, Geschäftsführerin des Vereins „Amazone“, der sich für Geschlechtergerechtigkeit engagiert.
Konkret: Im vergangenen Jahr sind österreichweit 76,8 Prozent der Mütter mit Kindern unter 15 Jahren erwerbstätig gewesen. In Vorarlberg war der Anteil mit 73,6 Prozent unterdurchschnittlich. Das ist das eine. Das andere: Von denen, die angestellt waren, sind hierzulande die meisten teilzeitbeschäftigt gewesen. Die sogenannte Teilzeitquote betrug ganze 83,8 Prozent. Sprich: Gerade einmal 16,2 Prozent gingen auf der anderen Seite einer Vollzeitbeschäftigung nach. Im Bundesländervergleich waren das sehr wenige; im gesamtösterreichischen Durchschnitt handelte es sich um 24,7 Prozent.
Bei Betreuungsangeboten für den Nachwuchs gibt es immer noch Luft nach oben.
Lea Putz-Erath
Femail
Traditionelle Rollenbilder
Dass das in Vorarlberg so ist, hat viele Gründe, so Atzinger: „Allen voran hat es damit zu tun, dass sich Frauen für unbezahlte Arbeit zu Hause wohl eher zuständig fühlen. Die Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen wird nach wie vor zum größeren Teil von ihnen übernommen. Das entspricht tiefsitzenden, traditionellen Rollenbildern, die natürlich auch von Männern gepflegt werden.“ Lea Putz-Erath vom Fraueninformationszentrum „Femail“ sieht ebenfalls eine kulturelle Dimension: Wenn es etwa um Kunst und Architektur gehe, sei das Land modern, wenn es dagegen darum gehe, wie Kinder aufwachsen sollen, dann sei es konservativer. Dann sind vor allem die Frauen und Mütter gefragt.
Die Sache ist jedoch vielschichtiger, wie ein paar Beispiele verdeutlichen, die Putz-Erath ausführt: „Männer verdienen in Vorarlberg verhältnismäßig gut. Oft genügt es daher für das Haushaltsbudget, wenn die Frau nur einen Zuverdienst einbringt.“
Oder: Die Betreuungsangebote für den Nachwuchs werden zwar ausgebaut, es gebe aber noch immer „Luft nach oben“. Das Problem: Unzureichende Angebote können es Müttern schwer bis unmöglich machen, erwerbstätig zu sein.
Was Putz-Erath außerdem feststellt, ist dies: „Mütter suchen sich für den Wiedereinstieg eher einen Arbeitsplatz, der ihrem Wohnsitz nahe ist. Das führt dazu, dass gerade in ländlichen Gebieten besonders höher qualifizierte Frauen sehr lange suchen müssen, um etwas Passendes zu finden. Im einen oder anderen Fall lassen sie es sein und bleiben zu Hause.“ Lösungsvorschläge? „Es geht nicht nur um Naheliegendes wie den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und die Schließung der Einkommensschere“, meint Angelika Atzinger im Gespräch mit den VN: „Es beginnt vielmehr schon bei der Vermittlung von Rollenbildern bei Kindern und Jugendlichen. Zu oft gilt die Frau noch als diejenige, die zu Hause bleibt und kocht.“
„Home-Office-Tag für Männer“
Lea Putz-Erath ist darüber hinaus überzeugt, dass schon kleinere Veränderungen den Müttern helfen würden, mehr arbeiten zu können: „Es würde zum Beispiel schon sehr viel bringen, wenn Männer auf Überstunden verzichten oder einmal pro Woche einen Home-Office-Tag einlegen würden. Hier sind die Arbeitgeber gefordert.”