Rinder-Tuberkulose: Die Angst ist zurück

74 wegen TBC-Verdacht getötete Rinder im Allgäu. Erhöhte Aufmerksamkeit in Vorarlberg.
Bregenz. Es begann kurz vor Weihnachten in Oberstdorf und setzte sich im Landkreis Oberallgäu nun auch im neuen Jahr fort: Tuberkulose-Verdachtsfälle mit der Keulung von Rindern. Insgesamt 74 Tiere mussten bisher getötet werden, 21 landwirtschaftliche Betriebe sind betroffen. Wie das Landratsamt Oberallgäu gestern mitteilte, bleiben die Bauernhöfe 16 Wochen lang gesperrt.
Kontakt mit Rotwild
Für Vorarlberg und Landesveterinär Norbert Greber (49) gilt nun erhöhte Aufmerksamkeit. „Ich wurde vor Weihnachten vom Veterinär des Landkreises Oberallgäu, David Piendel, über erste TBC-Verdachtsfälle in einem Oberstdorfer Betrieb informiert. Es kam dann ein zweiter im Ort Hindelang dazu. Jetzt sind es noch mehr geworden. Natürlich reagieren wir darauf“. Als Ursache für die Gefahr wird der Kontakt der Rinder mit infiziertem Rotwild vermutet. Als besonderes Risikogebiet gilt dabei das Lechtal. Dort ist die Wildpopulation überproportional hoch und daher auch die Chancen auf Kontakte zwischen Alpkühen und Wildtieren. Konkret werde nach möglichen Verbindungen von Vorarlberger Betrieben mit betroffenen Rinderställen in der deutschen Nachbarschaft gesucht, erklärt Greber. Ergebnis bisher: „Zwei Rinder aus einem betroffenen Stall in Oberstdorf waren zusammen mit Vorarlberger Tieren auf derselben Alpe. Trotzdem ist die Gefahr gering, dass etwas passiert ist. Und zwar deswegen, weil es sich bei den Alptieren um junge Rinder handelte, während die infizierten Tiere in den deutschen Ställen alt sind.“
Im Landkreis Oberallgäu wird indes rigoros gehandelt. „Nachdem wir schon seit Längerem jedes geschossene Stück Wild beproben, wollen wir nun sämtliche 2000 Rinder haltende Betriebe prüfen“, skizziert Andreas Kaenders, Pressesprecher des Landkreises Oberallgäu, die Vorgangsweise der regionalen Behörden.
„Berechtigte Sorge“
Auf Vorarlberger Seite spricht der ressortverantwortliche Landesrat Erich Schwärzler (59) von einer „berechtigten Sorge. Ich hoffe, dass unsere Bestände TBC-frei bleiben. Wir werden alles mögliche dafür tun.“ Für ihn wie auch den Landesveterinär gilt dabei vor allem eine Priorität: „Wir müssen Kontakte zwischen Vieh und Rotwild in den Alpen verhindern. Dazu braucht es eine gute Kooperation zwischen Jäger und Älpler“, macht Greber deutlich.
Für das Rotwild gibt es bereits seit 2009 ein Monitoring. Das heißt, es werden Proben gezogen und auf TBC-Infektionen überprüft. Zirka 30 Stück Wild wurden seitdem positiv getestet. Im vergangenen Jahr waren es sieben. Untersucht werden freilich auch Rinder. Sie bekommen dabei eine Testsubstanz injiziert. Zeigt das Tier daraufhin Reaktionen wie Rötungen, Schwellungen oder Schmerz, gilt eine Infektion als gegeben.
Böse Erinnerungen
In Vorarlberg hat die Rinder-TBC eine unrühmliche Vergangenheit. Vor genau zehn Jahren gab es Verdachtsfälle in mehreren Landwirtschaftsbetrieben im Land. An einem Hof in Reuthe musste damals der gesamte Bestand gekeult werden. Insgesamt 35 Rinder landeten auf der Schlachtbank.
Wir müssen Kontakte zwischen Vieh und Rotwild verhindern.
Norbert Greber
Stichwort
Rinder-Tuberkulose
Verursacht wird sie durch das Bakterium Mycobacterium bovis. Von Rind zu Rind kann es durch Einatmen, ausgehustete Tröpfchen sowie infiziertes Wasser und Futter übertragen werden. Praktisch alle Organe können befallen werden, bei erwachsenen Tieren ist jedoch meist die Lunge betroffen. Die Krankheit verläuft oft lange ohne Symptome. Rinder-TBC ist auch für den Menschen gefährlich. Das größte gesundheitliche Risiko geht von erregerhaltiger Rohmilch aus.