Föderalismus fehl am Platz?
Die Tiroler Grünen haben in den Verhandlungen mit der ÖVP eine Weiterentwicklung der Informationsfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger „in Abstimmung mit dem Bund“ vereinbart. Das Projekt „Informationsfreiheit“ zielt darauf ab, dass die Amtsverschwiegenheit durch weitgehende Transparenz abgelöst wird. Das ist ein interessantes Projekt und man kann gespannt sein, ob es gelingt, ein Gesetz zu schaffen, das mehr ist als nur ein Austauschen von Überschriften.
Auch wenn die Informationsfreiheit aus rechtlichen Gründen nur die Landeskompetenzen betreffen könnte, wäre es erfreulich, wenn ein Bundesland Vorbildwirkung ausüben würde. Der Bund stünde, wenn es in Tirol gelingt, ein praktikables Gesetz zu schaffen, unter Druck, etwas Vergleichbares auch in seinem Bereich zu beschließen. Solche Innovationen durch eigenständige Regelungen zu entwickeln, ist eine wichtige Funktion des Föderalismus.
Etwas kurios mutet vor diesem Hintergrund allerdings die Äußerung der Verfassungssprecherin der Grünen auf Bundesebene, Daniela Musiol, an: Föderalismus, sagt sie, habe in dieser Frage keinen Platz. Sie weiß entweder nicht, was ihre Kolleginnen und Kollegen in Tirol vereinbart haben, oder sie hält nichts davon. Das ist zwar ihr gutes Recht, sie sollte jedoch wissen, dass sie mit dieser Haltung Innovationen abwürgt. Wenn jede Neuerung und Reform von der Kooperationswilligkeit der Bundesparteien abhängt, können wir nämlich lange auf Fortschritt warten!
Das Beispiel Parteienfinanzierung hätte Frau Musiol Warnung sein müssen: In Sachen Transparenz bei der Parteienfinanzierung war letztes Jahr ja auch erst dann auf Bundesebene etwas weitergegangen, nachdem die Länder Salzburg und Vorarlberg vorgeprescht waren. Allerdings hat anschließend die mit Hilfe der Grünen beschlossene Bundesregelung genau diese Eigenständigkeit der Länder wieder abgewürgt. Das Resultat war bundeseinheitliche Transparenz bei gleichzeitiger Verdoppelung der Parteienförderung, welche die Parteien im nun anstehenden Nationalratswahlkampf bestens brauchen können. Eine teure Zentralisierung für die Steuerzahler.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
Die VN geben Gastkommentatoren Raum, ihre persönliche Meinung zu äußern.
Sie muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
Kommentar