Klage gegen eigene Vertretung

Vorarlberg / 05.07.2013 • 20:53 Uhr
Rinder gehören nicht vom selben Tierarzt kontrolliert, der sie auch behandelt. Ein Veterinär klagt an. Foto: vn/steurer
Rinder gehören nicht vom selben Tierarzt kontrolliert, der sie auch behandelt. Ein Veterinär klagt an. Foto: vn/steurer

Behandler und Kontrolleur: Schwerer Vorwurf gegen Tierärzte wegen Unvereinbarkeit.

Schwarzach. Ein Tierarzt aus dem Bregenzerwald klagt an: „In Vorarlberg gibt es bei Großtierveterinären ein System, das einige von ihnen als Behandler und Kontrolleure gleichzeitig tätig sein lässt. Das heißt: Sie verdienen Geld durch kurative Tätigkeiten an einem Hof. Für diesen Hof machen sie dann aber gleichzeitig auch die Schlachttier- und Fleischbeschau sowie die einmal im Jahr stattfindende Betriebsbegehung. Das heißt: Sie kontrollieren das, womit sie Geld verdienen. Und kassieren dafür noch einmal.“ Der 37-jährige Bregenzerwälder, der nicht genannt werden möchte, räumt ein, ein Verlierer dieses Systems gewesen zu sein. Aber er sagt auch: „Es gibt prinzipielle Gründe, warum es so nicht laufen darf: Man kann doch nicht objektiv etwas kontrollieren, womit man sonst sein Geld verdient. Das kann’s doch auch im Sinne des Konsumenten nicht sein.“ Vor allem die Tierärzte­kammer stellt der Veterinär an den Pranger. Diese würde laut dem Mediziner das System seit Jahren verteidigen. „Und jene, die etwa bezahlte Schlachttier- und Fleischbeschauen machen, haben dieses Recht praktisch auf Lebenszeit. Keiner kann ihnen das jemals wegnehmen.“

Schmids Bestätigung

Einer, der dieses System über Jahre bekämpft habe, sei Erik Schmid (57), der ehemalige Landesveterinär. Tatsächlich bestätigt dies der Angesprochene im VN-Gespräch. „Es stimmt. Ich habe diese Unvereinbarkeiten von gleichzeitigen Behandlungs- und Kontrolltätigkeiten bei den Veterinären über Jahre angeprangert. Ohne Erfolg.“ Schmid spricht von „Platzhirschen“, die sich den Kuchen untereinander aufgeteilt hätten. „Es waren ungefähr 25 Tierärzte, die sich die Aufträge unter den Nagel gerissen hatten“, sagt Schmid. Diese Tierärzte seien alles in einem gewesen: Behandler, Kontrolleure und die Lieferanten von Medikamenten. „Natürlich sind solche Aktivitäten in einer Hand unvereinbar. Aber dagegen etwas zu tun, blieb zum Scheitern verurteilt.“

„Praktische Gründe“

Dass mehrere Tierärzte gleichzeitig einen Hof ärztlich betreuen und das dort produzierte Fleisch kontrollieren, bestätigt auch der seit Juni im Amt befindliche neue Vorarlberger Tierärztekammerpräsident Hannes Kohler (35) aus Andelsbuch. „Das hat aber auch praktische Gründe“, findet Kohler eine Rechtfertigung. „Wir haben bei uns eben auch einige kleinere Metzgereien. Da kann ich nicht bei jeder einzelnen Schlachtung einen Amtsveterinär herholen.“ Das System sei zudem in letzter Zeit verbessert worden. „Die Hygienekontrolle bei fleischverarbeitenden Betrieben zum Beispiel müssen jetzt zwingend Amtstierärzte machen. Und was die anderen Kontrolltätigkeiten von amtlich tätigen Veterinären anbelangt: Die machen das in ihrem eigenen Interesse ordentlich.“

Eigene Kontrolltruppe?

Die Schlachttier- und Fleischbeschau dürfe gar nicht von Amtstierärzten durchgeführt werden, sagt Landesveterinär Norbert Greber (49). „Das hat vor cirka zehn Jahren der damalige Gesundheitsminister Haupt durchgesetzt. Das war reiner Lobbyismus.“ Ein echtes Problem sieht Greber im Wirken der freien Tierärzte als eigenständige Veterinäre einerseits und als Ärzte im amtlichen Auftrag andererseits trotzdem nicht – auch wenn dies optisch nicht gut aussehe. Für die grundlegende Änderung des Systems sieht Greber nur eine wirkliche Alternative: „Man stellt eine hauptamtliche Kontrolltruppe auf.“