Riss geht durch Lehrerschaft
AHS-Pädagogen und Pflichtschullehrer zeigen im aktuellen Konflikt wenig Solidarität.
Bregenz. Der Konflikt um ein neues Lehrerdienstrecht entzweit die Vorarlberger Pädagogen. Pflichtschullehrer und Lehrer Höherer Schulen sind sich nicht darüber einig, wie sie in der momentanen Situation vorgehen sollen. ÖAAB-Lehrervertreter und Gymnasiallehrer Wolfgang Türtscher (57) attackiert dabei den Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Gerhard Unterkofler (54) scharf. Via Facebook richtet er seinem Gewerkschafts-„Kollegen“ aus: „Ich glaube, Gerhard Unterkofler kann das Wort Solidarität nicht einmal buchstabieren.“ Laut Türtscher haben Unterkofler und der Wiener Pflichtschulgewerkschafter Thomas Bulant die Solidarität der Lehrergruppen untereinander verraten.
Türtschers Signale
„Während die AHS-Vertreter in Sachen Gleichstellung des Grundgehaltes und masterwertige Pädagogenausbildung für alle Lehrer sich hinter die Kollegen aus dem Pflichtschulbereich stellen, lässt umgekehrt die Solidarität zu wünschen übrig“, meint Türtscher. Unterkoflers Haltung sei nicht repräsentativ für die Mehrheit der Pflichtschullehrer. „Ich habe da andere Signale vernommen.“ Konkret wirft Türtscher Unterkofler vor, die von der GÖD beschlossenen und vom ÖGB abgesegneten Kampfmaßnahmen im Streit um ein neues Lehrerdienstrecht nicht zu unterstützen. „Diese Kampfmaßnahmen bedeuten ja nicht automatisch Streik. Ich hoffe immer noch auf eine Lösung am Verhandlungstisch – bevor dieses Lehrerdienstrecht Gesetz wird.“ Eine tiefe Kluft zwischen Pflichtschullehrern und Lehrern Höherer Schulen sehe er nicht.
Unterkofler wehrt sich
Gerhard Unterkofler (54) widerspricht Türtscher grundlegend. „Ich habe nicht meine Haltung in den Mittelpunkt gestellt, sondern die der Lehrer an den Pflichtschulen wiedergegeben. Die Stimmung war bis Ende letzter Woche so, dass es keine große Bereitschaft für einen Streik gab. Ich schließe nicht aus, dass sich das noch ändert“, stellt der Pflichtschulgewerkschafter die Dinge aus seiner Sicht richtig. Seine Kritik an Türtscher: „Lange haben AHS-Chefverhandler Quinn und Wolfgang Türtscher sich vehement gegen ein neues Dienstrecht gewehrt, weil das die Gemeinsame Schule erleichtern würde. Ich hätte mir bei unserem Kampf für diese Schulform auch mehr Solidarität gewünscht.“
Kluft wird deutlich
Eine Kluft zwischen diesen beiden Lehrergruppen ortet auch Armin Rossbacher (58), Personalvertreter der Pflichtschullehrer in Vorarlberg. „Natürlich fühlen sich viele Pflichtschullehrer gegenüber AHS-Lehrern, die zum Teil Schüler derselben Altersgruppe unterrichten, benachteiligt.“
Probleme mit Solidarität
Der Personalvertreter verdeutlicht seine Überzeugung mit einem Beispiel. „Da gibt es einen Mittelschullehrer, der 21 Stunden in einer Schule unterrichtet und in seinen Klassen mit vielen sozialen Problemen konfrontiert ist. Einen Kilometer weiter, im Gymnasium, unterrichtet ein Kollege für mehr Lohn nur 17 Stunden und viel angenehmere Schüler. Bei solchen Zuständen fällt Pflichtschullehrern die Solidarität mit AHS-Kollegen schon nicht so leicht.“ Für Rossbacher bestimmen die AHS-Spitzengewerkschafter zu stark, wohin es mit der Schule in Österreich gehen soll.
Gerhard Unterkofler kann das Wort Solidarität nicht einmal buchstabieren.
Wolfgang Türtscher
Ich habe die Stimmung meiner Lehrerkollegen wiedergegeben. Die war gegen einen Streik.
Gerhard Unterkofler