Plädoyer fürs “Ständle” und den Kastanienbaum

Vorarlberg / 08.05.2014 • 20:08 Uhr
Trudi und Albert Brunner. Zu ihren Lebenserinnerungen gehört der Grenzkiosk mit dem wunderschönen Kastanienbaum.  Fotos: Stiplovsek
Trudi und Albert Brunner. Zu ihren Lebenserinnerungen gehört der Grenzkiosk mit dem wunderschönen Kastanienbaum. Fotos: Stiplovsek

Über 1000 junge und alte Höchster fordern Erhalt des Treffpunkts Grenzkiosk.

Höchst. Wenn der Baum reden könnte, die Geschichten über Menschen, die sich unter ihm aufhielten, würden nur so aus ihm heraussprudeln. So aber wiegen sich seine kräftigen Äste mit all den frühlingsfrischen Blättern und Fruchtknospen schweigsam im Wind. So wie seit vielen Dutzenden Jahren. Der Kastanienbaum neben dem Grenzkiosk. Oder man kann es auch andersrum sagen. Wie auch immer: Beide sollen sie verschwinden, befürchtet Heidi Krauser (50), die den Kiosk in mittlerweile dritter Generation führt. „Zuerst ging ich zur Gemeinde. Das war im März. Man sagte mir nur: ‚In zwei Monaten wirst du erfahren, ob du von dort weg musst.‘“

Erinnerungen

Doch weg will Heidi Krauser von dort ganz und gar nicht. „Eine Katastrophe wäre das“, meint Stammgast Rudi, der es sich am Holztisch neben dem Kiosk gemütlich gemacht hat. „Nicht nur mich verbinden mit diesem Ort unvergessliche Momente. Gute und schlechte.“ Kollege Johann (59) kann dem nur ­beipflichten. „Ich wohne vis-à-vis. Myra, Heidis Mutter, hat uns früher immer Schachteln für unseren Spielladen gegeben. Was haben wir hier nicht immer gespielt? Und jetzt sollen der Kiosk und dieser wunderbare Baum einfach weg? Nein!“ Trudi Brunner (75) und ihrem Mann Albert (83) hat es vor allem die Familie Krauser angetan. „,Ständles‘ hat man die Krausers immer genannt. Heidis Opa Albin hatte den Kiosk ursprünglich auf der anderen Straßenseite. Dann sind sie an diesen Ort gekommen. Wir gehen hier täglich vorbei, sitzen gelegentlich unter dem Baum, essen Eis und genießen es einfach“, beschreibt Albert Brunner seine Verbindung zu diesem Ort. Nie wird das Höchster Urgestein auch vergessen, wie er jahrelang auf dem Weg zum Fußball ins Rheinaustadion  eine Packung Rumkokus gekauft und sofort genussvoll verspeist hat.

Schattenspender

Ein Ort voller Gefühle ist der Baum neben dem Kiosk auch für die junge Larissa (21). „Ich habe mich hier immer mit meinen Freundinnen und dann auch mit meinem Freund getroffen. Jetzt gehe ich mit meinem Sohn Luis Kastanien sammeln, wenn sie vom Baum fallen.“ Und wenn es dann noch ein Eis von Heidi gibt, ist die Welt einfach nur in Ordnung.
Heidi Krauser will diese Welt erhalten. Natürlich auch aus Existenzgründen. „Der Betrieb läuft gut – vor allem seit Zigaretten bei uns billiger sind als in der Schweiz.“ Als Treffpunkt hat sich der Kiosk zu einer Art alternativer Zukehrstätte des Cafés vis-à-vis entwickelt. Vor allem im Sommer ist der Baum als Schattenspender zu einem Magnet für Menschen geworden. Da tummeln sich Gruppen, Groß und Klein. Einheimische und Migranten oder alle miteinander. Das bestätigt auch der türkischstämmige Ismet (65). „Hier ist es immer gut.“
Heidi Krauser hat den Kampf für Kiosk und Kastanienbaum aufgenommen, sammelte bereits 1200 Unterstützungserklärungen. Auch via Facebook wirbt sie für ihr Anliegen.

Auf der Gemeinde sagte man mir: In zwei Monaten wirst du erfahren, ob du hier weg musst.

Heidi Krauser
1200 Unterschriften für den Erhalt ihres Kiosks samt Kastanienbaum: Heidi Krauser.
1200 Unterschriften für den Erhalt ihres Kiosks samt Kastanienbaum: Heidi Krauser.